IX. Das Versicherungswesen.
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allzu große Verluste. Der Landwirt, welcher sich selbst gegen Hagelschlag ver
sichern will, muß aus den Erträgnissen der hagelfreien Jahre sovier zurücklegen,
daß er aus diesen Ersparnissen gegen einen etwaigen Hagelschlag gedeckt ist.
Die Selbstversicherung ist entweder eine erzwungene, nämlich dann, wenn der
bezügliche Gegenstand überhaupt noch von keiner organisierten Versicherungs
gesellschaft in Angriff genommen ist, oder eine freiwillige, wenn der Versicherer
es vorzieht, selbst die Versicherungskapitalien anzusammeln, statt die Ansamm
lung einer Anstalt zu überlassen.
2. Versicherung durch andere, d. i. durch Versicherungsanstalten.
Die Herstellung einer Versicherung durch andere ist aber an gewisse Bedingun
geknüpft. Dieselben sind folgende:
gen
A. Das gefahrdrohende Ereignis muß ein zufälliges sein. Die Versiche
ist um so leichter, je mehr dies der Fall ist.
rung
B. Das gefahrdrohende Ereignis muß in seinen Ursachen erkennbar
sein.
C. Die Art und die Größe des Schadens muß möglichst berechenbar
sein.
D. Die schadenbringenden Ereignisse sollten sich möglichst gleichmäßig über
die
Zeit verteilen, nicht in großen Massen auf einmal eintreten.
E. Die Häufigkeit der gefahrdrohenden Zufälle soll möglichst
genau
statistisch
ermittelt werden können.
Wo diese Bedingungen gegeben sind, da kann das Versicherungsgeschäft
organisiert werden und seine wohlthätigen Wirkungen entfalten. Diese Wir
kungen sind ein Resultat menschlicher Vorsicht. Die Vorsicht, eine echt wirt
schaftliche Tugend, gebietet nicht nur, schädliche Ereignisse zu vermeiden, sondern
auch die unvermeidlichen möglichst unschädlich zu machen. Und dies geschieht
dadurch, daß die organisierte Versicherung die Schäden verteilt. Für den
Einzelnen bildet dabei jede Prämienzahlung eine Ersparnis, einen Beitrag zu
einer Reserve.
Arten der Versicherungsanstalten. Dieselben können sein:
A. Staats= oder Landesversicherungsanstalten. Dieselben sind in
der Regel Zwangsanstalten, welche sich nur auf einzelne Länder erstrecken.
B. Privatversicherungsanstalten. Dieselben sind wieder
a) Versicherungsanstalten auf Gegenseitigkeit, wobei die Versicherten
eine
Gesellschaft bilden, welche ihre Angelegenheiten selbst verwaltet, selbst die
Versicherungsbeiträge von den Mitgliedern einzieht und an die Beschädigten ver
teilt. Die Beiträge werden dabei entweder im vornherein erhoben, wobei in
günstigen Jahren das, was nicht zu Deckung von Schadenfällen verwendet wird
an die Mitglieder zurückgezahlt wird; oder am Ende jeder einzelnen Betriebs
periode nach dem sämtlichen zu vergütenden Schaden.
b) Aktiengesellschaften, welche das Versicherungsgeschäft betreiben, sind
in der Regel bankmäßig organisiert; dabei zahlen die Versicherten feste Beiträge:
Gewinn und Verlust entfällt auf die Aktionäre.
c) Gemischte Gesellschaften sind ebenfalls auf Aktien gegründet und
versichern ebenfalls gegen feste Beiträge, gewähren aber gegen einen entsprechen
den Zuschlag an den Prämien den Versicherten einen Gewinnanteil.
Wenn man den Wert dieser verschiedenen Anstalten unter einander ver
gleicht, so läßt sich schwer von vornherein eine Entscheidung treffen. Das Prinzip
der gegenseitigen Versicherung ist im allgemeinen wohlfeiler, als die Versiche
rung durch Aktienanstalten. Die Aktienanstalten haben dagegen manche Vorteile
indem das Aktienkapital gleich von vornherein eine genügende Sicherheit bietet.
Allerdings wirkt das Verhältnis dieses Sicherheitsfonds zur Größe ihrer Ver
bindlichkeit ungünstiger, je mehr sich das Geschäft ausdehnt. Die Versicherungs
gesellschaften auf Gegenseitigkeit leiden auch daran, daß ungewöhnlich große
Verluste die Beiträge der Versicherten bedeutend erhöhen müssen. In den Ver¬