Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

III. Die neuere Zeit vom Zeitalter der Entdeckungen bis zur franz. Revolution. 39 
Bis zum Tode Colberts (1683) bewirkten seine Bestrebungen einen ent 
schiedenen Fortgang der französischen Volkswirtschaft. Dann aber trat eine 
nachteilige Änderung ein. Ludwig XIV. strebte nicht nach Kräftigung und 
Besserung der inneren Zustände, sondern nach Länderraub und äußerer Macht 
stellung. Durch die Wiederaufhebung des Edikts von Nantes im J. 1685 trieb 
Ludwig XIV. viele Tausende von gewerbfleißigen Franzosen aus dem Lande 
und nötigte sie, in England und Deutschland sich niederzulassen. Die fort 
währenden Kriege raubten dem Lande seine Arbeitskraft und bürdeten ihm immer 
größere Lasten auf; der spanische Erbfolgekrieg von 1701—1713 erschöpfte es 
vollständig; die Felder blieben unbebaut und die Industrie weit hinter der bri 
tischen zurück. So hatte man auf die Arbeiten des Friedens verzichtet und auch 
durch den Krieg nichts gewonnen. Unter den folgenden Regierungen dauerte 
die finanzielle Zerrüttung, die beständige Vermehrung der Staatsschuld fort. 
Als alle finanziellen Künste nichts halfen, legte die Regierung das Finanzwesen 
in die Hände des Schotten John Law, eines der merkwürdigsten Männer, welche 
die Handelsgeschichte kennt. Er hatte schon Ludwig XIV. Finanzpläne vorgelegt, 
fand aber erst bei der nachfolgenden Regentschaft des Herzogs von Orleans 
Neigung für dieselben. Law gründete 1716 eine Zettelbank, deren Noten ball 
beliebt wurden. Gleichzeitig beschäftigte er sich, nachdem schon länger Koloni 
Franzosen gemacht worden waren, mit dem 
sierungsversuche in Louisiana durch 
Gedanken an eine Nutzbarmachung der Mississippigebiete und gründete 1718 eine 
„Mississippi=Kompanie" (auch West=Gesellschaft). Sie erwarb auch die Privi 
legien der Senegal=Gesellschaft, sowie einer ostindischen und chinesischen Gesell 
schaft und führte seither den Namen „Kompanie beider Indien". Diese Kom 
panie hatte den auswärtigen Handel, die Lawsche Bank, den Geld- und Kredit 
verkehr nach dem Ausland ganz in Händen. Auch das Münzregal pachtete Law 
und machte dem König ein Darlehen von 1200 Mill. Franken. Zu solch großen 
Geschäften mußten neue Aktien emittiert werden, welche, vom Publikum mit 
unsinniger Gier aufgekauft, ein Gegenstand heilloser Spielwut wurden. Mit 
der Aktienausgabe hielt die Thätigkeit der Banknotenpresse gleichen Schritt. Bald 
trat eine grausame Katastrophe ein. Die in ungeheurer Menge emittierten 
Noten ließen eine allgemeine Teuerung entstehen; die Vorsichtigeren suchten ihre 
Papiervorräte in Grund= und Häuserbesitz anzulegen; die Mississippiaktien ver 
loren das Vertrauen. Vergeblich suchten die Regierung und Law, selbst durch 
Gewaltmaßregeln, den sinkenden Kredit ihrer Schöpfungen zu erhalten. Auch 
Einlösungsversuche, Kreierung neuer Titel 2c. fruchteten nichts. Noch im Jahre 
1720 kam es zum Zusammenbruch des Lawschen Werks, unter dessen Trüm 
mern der Wohlstand unzähliger Familien begraben ward. Die überseeische 
Handelsgesellschaft ging zu Grunde, nachdem sie 2000 Mill. verschlungen hatte. 
Im Kolonialwesen hatte Frankreich geringen Erfolg. 1608 wurden Kolo 
nien in Kanada gegründet und Pelzhandel angefangen, aber unter fortwäh 
renden Streitigkeiten mit den Engländern. Die Franzosen waren abenteuerlustige 
Jäger, aber keine Kolonisten. Als später deportierte Sträflinge und Auswan 
derer die Volkszahl der Kolonie vermehrten, schien es eine Zeitlang, als 
wolle dieselbe prosperieren; aber die Eifersucht der Engländer ließ dies nicht 
zu; es entspann sich ein englisch-französischer Krieg in Nordamerika, in wel 
chem 1759 den Franzosen die wertvollsten Stellungen genommen wurden. 
1763 mußte Kanada an England abgetreten werden. In Louisiana ging 
es nicht besser. Hier hatte schon Coligny eine Kolonie gegründet und nach 
bösen Reibungen mit Spaniern war durch französische, deutsche und schweizerische 
Kolonisten später (1722) Neworleans entstanden, die Kolonie hatte jedoch mit 
kriegerischen Indianerstämmen zu kämpfen und konnte nach dem Sturze der 
Lawschen Schöpfungen aus Frankreich nicht mehr die nötige Unterstützung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer