VI. Volkswirtschaftliche Wirkungen des Warenhandels.
513
demnach die Konsumtion, und das ist wieder Grund genug, um wegen der Mög
lichkeit einer gesteigerten Konsumtion auch eine gesteigerte Produktion zu veranlassen.
Der Vorteil, welchen eine Nation vom Aus- und Einfuhrhandel em
pfängt, drückt sich aus teils in dem Reingewinn der Kaufleute, welche sich mit
dieser Art des Handels beschäftigen, teils auch in der Ersparnis der Konsu
menten, welche, bei gleicher Ausgabe, entweder mehr oder bessere Produkte aus
dem Auslande beziehen können.
Die Vorteile aber, welche die Völker von der Ein- und Ausfuhr haben,
sind gegenseitig; jedem am Aus- und Einfuhrhandel teilnehmenden Volke geht
ein Gewinn zu, welcher allerdings nicht auf beiden Seiten gleich groß sein muß.
Der Unterschied von Aktiv= und Passivhandel, welcher sich bei der
Betrachtung des Aus= und Einfuhrhandels ergibt, liegt in der größeren oder
geringeren Energie begründet, mit welcher die Völker an diesem Handel teil
nehmen. Wenn eine Nation ihre Aus- und Einfuhr mit eigenen Kapitalien
und Transportwerkzeugen betreibt, wenn sie auch das Risiko des Aus- und Ein
fuhrhandels selbst auf sich nimmt, so ist dies eine aktive Teilnahme an diesen
Handelsgeschäften. Passivhandel dagegen treiben diejenigen Völker, welche sich
von Fremden ihre Produkte abnehmen und ihre Einfuhr herbeibringen lassen.
Der Passivhandel braucht kein größeres Kapital und bringt kein größeres Risiko
als der Binnenhandel; er ist für solche Länder passend, in welchen die Kapitalien
besser in der Produktion als in den Handelsgeschäften arbeiten. Dagegen haben
jene Völker, welche im Passivhandel exportieren, keine hinreichende Garantie für
dauernden Absatz ihrer Produkte. Es existieren heutzutage nur wenig Völker,
welche in dem auswärtigen Handel vollständig passiv wären, wie etwa die Chinesen.
Die Bezahlung der Einfuhr, welche ein Volk von einem anderen be
zieht,
kann stattfinden:
1. Durch Ausfuhr von Geld. Auf die Dauer ist das allerdings nicht
möglich. Wenn ein Volk fortwährend alles dasjenige, was es von anderen be
zieht, lediglich durch bares Geld bezahlen wollte, so müßten ja schließlich die
Geldvorräte zu Ende gehen. Schon früher würde das Geld fortwährend teurer
werden und das Resultat wäre, daß die Kaufleute unter allen Umständen suchen
würden, nach irgend einer Richtung des Welthandels hin Waren absetzen und
Geld dafür hereinbringen zu können. Würde die inländische Produktion Waren
zur Ausfuhr noch nicht liefern können, so würde sie in denjenigen Zweigen, in
welchen sie am leichtesten leistungsfähig werden könnte, durch diese zunehmende
Teuerung des Geldes geweckt werden. Das Rückstreben des Geldes in ein
Land, welches zur Bezahlung seiner Einfuhr bedeutende Geldvorräte hinaus
gesendet hat, würde allerdings zugleich mit dem vorhergegangenen Ausströmen
bedeutende Änderungen in dem Einkommen der verschiedenen Volksklassen ver
ursachen. Sehr bedeutende plötzliche Änderungen derart sind indessen kaum
zu befürchten. Denn ein Land, welches überhaupt Geld besitzt, hat dasselbe
nur durch eine vorangegangene Produktion erworben, und es müßte daher, wenn
eine Wareneinfuhr, die früher mit Warenausfuhr bezahlt wurde, nunmehr mit
barem Gelde bezahlt werden soll, eine plötzliche und starke Verminderung der
Produktion im Inlande vorangegangen sein. Ein Land, welches überhaupt
teine Produktion besitzt und gar keine Waren exportieren kann, um seine Ein
fuhr mit denselben zu bezahlen, kann auch unmöglich Geld besitzen, um mit
demselben die Einfuhr zu bezahlen. Das Geld dient also nur vorübergehend
zur Bezahlung von eingeführten Waren; schließlich wird immer eine Ausglei
chung in anderen Werten eintreten müssen. Die eingeführten und ausgeführten
Geldmengen werden in der Regel einander gleich sein.
Ausnahmen von dieser Regel finden allerdings statt. So werden nament
lich diejenigen Länder, welche bedeutende Edelmetallminen besitzen, Jahr für Jahr
33
Maier=Rothschild, Handbuch. I. 4. Aufl.