Allgemeine Handelslehre.
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schiedenen Länder einen beherrschenden Einfluß nehmen. Durch das Bestreben
möglichst viel Verkehr an sich zu ziehen und die deshalb für den durchgehenden
Verkehr niedriger angesetzten Preise des Holztransportes haben die Eisenbahn
verwaltungen dem Holzhandel ganz merkwürdige Richtungen gegeben.
b) Der Steinkohlenhandel hat in noch höherem Grade als der Holzhandel
die Eigentümlichkeit, daß sein Produkt bei geringerem Werte und größerem
Gewichte nur unter sehr günstigen Transportverhältnissen und bei sehr billigen
Transportpreisen überhaupt transportfähig wird. Den Kaufmannsstand beschäf
tigt der Kohlenhandel nur an den wichtigsten Produktionsplätzen der Steinkohle.
Dort haben sich jedoch eigene Kohlenbörsen gebildet; z. B. in Newcastle, London u. a.
4. Der Kolonialwarenhandel.
Man versteht darunter den Handel mit den meisten Rohprodukten der
wärmeren Länder. Er heißt auch Spezereiwarenhandel. Doch wird der letztere
Ausdruck heutzutage immer seltener gebraucht. Hauptgegenstände des Kolonial
warenhandels sind
Zucker, Kaffee, Thee, Kakao, Reis, Gewürze, Südfrüchte.
Auch die Baumwolle, die ausländische Tierwolle und andere Rohstoffe, die durch
die europäische Industrie verarbeitet werden, gehören in den Kolonialwaren
handel, unterscheiden sich jedoch von anderen Artikeln desselben dadurch, daß sie
den Verkauf an Kleinhändter völlig ausschließen, indem sie selbst vom Konsumen
ten nur im großen bezogen werden. Die wirtschaftlichen Eigentümlichkeiten des
Kolonialwarenhandels sind im wesentlichen schon oben unter dem Titel „über
seeischer Handel" erwähnt. Manche Kolonialwaren haben noch spezielle Eigen
tümlichkeiten, die der Handel zu berücksichtigen hat. Bei einigen der wichtigsten
sind die verschiedenen Ernten von großem Einfluß auf den Gang der Spekula
tion; auch die politischen Verhältnisse der Produktionsländer. Der Absatz zeichnet
sich bei den meisten daher gehörigen Artikeln durch große Regelmäßigkeit und
fast ununterbrochene Zunahme aus. Die Schwierigkeiten des Geschäfts liegen
für den Großhandel weit mehr im Bezug als im Absatz.
Für die Produktionsländer sind die Kolonialwaren meistens Ausfuhrartikel,
und zwar solche, welche ihren Weg über die ganze Welt nehmen. Die wich
tigsten Rohstoffe, welche zu den Kolonialwaren gehören, Baumwolle und Wolle,
kommen in Europa nur an wenige große Stapelplätze und werden oft schon
verkauft, während sie noch auf dem Meere schwimmen. Oft werden auch die
mit ihnen beladenen Schiffe nicht von vornherein nach dem Hafen dirigirt, wo
sie ihre Ware abgeben sollen, sondern nach dem nächsten erreichbaren Hafen
(Ordreplatz), wo sie erst Kenntnis von ihrem definitiven Absatzwege erhalten,
der sich erst während der Fahrt über den Ocean ergibt.
Die Verbrauchsartikel dagegen, welche zu den Kolonialwaren gehören, gehen
durch mehr Hände und schließlich durch jene des Detaillisten an den Konsumen
ten. In großen Seeplätzen (London, Liverpool, Rotterdam, Amsterdam, Havre)
werden auch große Mengen von Kolonialwaren auf dem Wege öffentlicher Auk
tionen an Großhändler und Fabrikanten verkauft. In London geschieht dies
durch Vermittlung der sog. Brokers und Auktioneers, nach Mustern, während
die Waren in den Docks liegen bleiben. Nach Abschlagszahlung erhält Käufer
einen sog. Dockschein, nach vollständiger Zahlung einen Warrant; gegen Ablie
ferung beider Papiere wird die Ware aus dem Dock gegeben.
Materialwaren wird eine Gruppe genannt, welche nicht überall in
gleicher Weise bezeichnet wird. In Norddeutschland bezeichnet man mit diesem
Ausdrucke die Kolonialwaren und andere, in Süddeutschland vorzugsweise die
Droguen. Der Begriff ist keineswegs ein fest bestimmter.