Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

Allgemeine Handelslehre. 
506 
schiedenen Länder einen beherrschenden Einfluß nehmen. Durch das Bestreben 
möglichst viel Verkehr an sich zu ziehen und die deshalb für den durchgehenden 
Verkehr niedriger angesetzten Preise des Holztransportes haben die Eisenbahn 
verwaltungen dem Holzhandel ganz merkwürdige Richtungen gegeben. 
b) Der Steinkohlenhandel hat in noch höherem Grade als der Holzhandel 
die Eigentümlichkeit, daß sein Produkt bei geringerem Werte und größerem 
Gewichte nur unter sehr günstigen Transportverhältnissen und bei sehr billigen 
Transportpreisen überhaupt transportfähig wird. Den Kaufmannsstand beschäf 
tigt der Kohlenhandel nur an den wichtigsten Produktionsplätzen der Steinkohle. 
Dort haben sich jedoch eigene Kohlenbörsen gebildet; z. B. in Newcastle, London u. a. 
4. Der Kolonialwarenhandel. 
Man versteht darunter den Handel mit den meisten Rohprodukten der 
wärmeren Länder. Er heißt auch Spezereiwarenhandel. Doch wird der letztere 
Ausdruck heutzutage immer seltener gebraucht. Hauptgegenstände des Kolonial 
warenhandels sind 
Zucker, Kaffee, Thee, Kakao, Reis, Gewürze, Südfrüchte. 
Auch die Baumwolle, die ausländische Tierwolle und andere Rohstoffe, die durch 
die europäische Industrie verarbeitet werden, gehören in den Kolonialwaren 
handel, unterscheiden sich jedoch von anderen Artikeln desselben dadurch, daß sie 
den Verkauf an Kleinhändter völlig ausschließen, indem sie selbst vom Konsumen 
ten nur im großen bezogen werden. Die wirtschaftlichen Eigentümlichkeiten des 
Kolonialwarenhandels sind im wesentlichen schon oben unter dem Titel „über 
seeischer Handel" erwähnt. Manche Kolonialwaren haben noch spezielle Eigen 
tümlichkeiten, die der Handel zu berücksichtigen hat. Bei einigen der wichtigsten 
sind die verschiedenen Ernten von großem Einfluß auf den Gang der Spekula 
tion; auch die politischen Verhältnisse der Produktionsländer. Der Absatz zeichnet 
sich bei den meisten daher gehörigen Artikeln durch große Regelmäßigkeit und 
fast ununterbrochene Zunahme aus. Die Schwierigkeiten des Geschäfts liegen 
für den Großhandel weit mehr im Bezug als im Absatz. 
Für die Produktionsländer sind die Kolonialwaren meistens Ausfuhrartikel, 
und zwar solche, welche ihren Weg über die ganze Welt nehmen. Die wich 
tigsten Rohstoffe, welche zu den Kolonialwaren gehören, Baumwolle und Wolle, 
kommen in Europa nur an wenige große Stapelplätze und werden oft schon 
verkauft, während sie noch auf dem Meere schwimmen. Oft werden auch die 
mit ihnen beladenen Schiffe nicht von vornherein nach dem Hafen dirigirt, wo 
sie ihre Ware abgeben sollen, sondern nach dem nächsten erreichbaren Hafen 
(Ordreplatz), wo sie erst Kenntnis von ihrem definitiven Absatzwege erhalten, 
der sich erst während der Fahrt über den Ocean ergibt. 
Die Verbrauchsartikel dagegen, welche zu den Kolonialwaren gehören, gehen 
durch mehr Hände und schließlich durch jene des Detaillisten an den Konsumen 
ten. In großen Seeplätzen (London, Liverpool, Rotterdam, Amsterdam, Havre) 
werden auch große Mengen von Kolonialwaren auf dem Wege öffentlicher Auk 
tionen an Großhändler und Fabrikanten verkauft. In London geschieht dies 
durch Vermittlung der sog. Brokers und Auktioneers, nach Mustern, während 
die Waren in den Docks liegen bleiben. Nach Abschlagszahlung erhält Käufer 
einen sog. Dockschein, nach vollständiger Zahlung einen Warrant; gegen Ablie 
ferung beider Papiere wird die Ware aus dem Dock gegeben. 
Materialwaren wird eine Gruppe genannt, welche nicht überall in 
gleicher Weise bezeichnet wird. In Norddeutschland bezeichnet man mit diesem 
Ausdrucke die Kolonialwaren und andere, in Süddeutschland vorzugsweise die 
Droguen. Der Begriff ist keineswegs ein fest bestimmter.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer