Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

Allgemeine Handelslehre. 
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bringt den Produzenten auch mit dem Konsumenten und dem Detailhändler in 
nähere Berührung, wobei jener leichter auf einzelne Mängel in der Produktion 
aufmerksam gemacht wird. Wird die fehlerhafte Ware als solide verkauft, 
so 
ist dies freilich kein Vorteil der Messe, sondern einfach Betrug; wird dagegen 
die fehlerhafte Ware als solche bezeichnet, so ist der Verkauf derselben nicht not 
wendig an die Messe gebunden. Ein Kommissionär kann dafür ebensoleicht 
Absatz bieten, als die Messe. Ebenso kann auch der Agent oder Kommissionär 
die Funktion eines Kritikers der Ware ausüben. 
V. Die Hauptzweige des Warenhandels. 
Unterscheidet man den Warenhandel nach den wichtigsten Warengruppen, 
so ergeben sich etwa folgende Hauptzweige desselben: 
1. Der Landesproduktenhandel. 
Der Landesproduktenhandel beschäftigt sich mit den Bodenprodukten des 
eigenen Landes und bringt dieselben, in der Regel ohne technische Veränderungen 
auf den Markt. Nur ausnahmsweise finden bei einzelnen Waren vorbereitende 
technische Thätigkeiten statt. Im Landesproduktenhandel wird noch ein großer 
Teil der Waren direkt vom Produzenten an den Fabrikanten oder an den Kon 
sumenten, ohne Vermittlung des Kaufmanns, abgesetzt. Ein selbständiger Handel 
mit Landesprodukten macht erst bei höherer Wirtschaftsentwicklung die Städte 
zu Stapelplätzen derselben. Kreis- und Provinzialstädte, die für den Handel 
günstig gelegen sind, werden zu Mittelpunkten, wo sich die Landesprodukte, 
welche die Umgebung liefert, ansammeln, und von wo dieselben nach den anderen 
Landesteilen, die ihrer bedürfen, geschafft werden, oder nach den großen Handels 
plätzen kommen, um nach dem Ausland exportiert zu werden. Mit den euro 
päischen Landesprodukten konkurrieren schon vielfach landwirtschaftliche Produkte 
überseeischer Länder, zu Welthandelsartikeln geworden (z. B. amerikanisches Ge 
treide und Fleisch; australische Wolle). Die einzelnen Unterabteilungen des 
Landesproduktenhandels sind: 
a) Der Getreidehandel oder Kornhandel befaßt sich mit den gewöhnlichen 
Getreidearten: Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Spelz; aber auch mit Mehl und 
Hülsenfrüchten. Er ist selbstverständlich am lebhaftesten in den Ländern, welche 
Getreide zur Ausfuhr bringen. In Europa ist dies vorzugsweise der Fall in 
den Donauländern; Österreich jenseits der Leitha, Rumänien, ferner in Süd 
rußland, Polen, Dänemark, Preußen; sodann in Nordamerika. Den inländischen 
Getreidehandel treiben die mittleren und größeren Grundbesitzer, Müller, auch 
eigene Getreidehändler. 
Die Schwankungen der Getreidepreise erscheinen als hochwichtig, wenn man 
bedenkt, daß das Getreide dem gleichmäßigsten, jeden Tag wiederkehrenden Be 
dürfnis des Menschen dient und die Schwankungen seines Preises tief nicht 
nur in das wirtschaftliche, sondern in das ganze sittliche und gesellschaftliche 
Leben der Menschheit eingreifen. Jahr für Jahr ist es der günstige oder un 
günstige Ertrag der Ernte, welcher Preisunterschiede verursacht. Ist das Er 
gebnis eine Mittelernte, so werden sich auch Mittelpreise gestalten; bei vor 
züglichen und schlechten Ernten dagegen weichen, wenn die Nachfrage gleich 
bleibt, die Preise nicht bloß in demselben Grade, wie das Ernteergebnis gegen 
die Mittelerträge, sondern noch weit stärker von den Mittelpreisen ab. Neben 
den zeitlichen Schwankungen der Getreidepreise zeigen sich auch die etwas ge 
ringeren räumlichen Unterschiede. Wohlhabende, gewerbreiche und handels 
thätige Länder haben höhere, reine Agrikulturländer schlechtere Preise. Jede
	        
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