II. Grundbedingungen des Industriebetriebs.
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mit der Waldwirtschaft einzelne industrielle Gewerbe häufig in Verbindung ge
bracht: Sägmühlen, Teerschwelereien, Holzkohlenbereitung 2c. Auch da liegt der
wirtschaftliche Grund der Verbindung darin, die wertvollsten Teile des Roh
materials von den minder wertvollen loszulösen, um sie transportabler zu machen.
Gleichen Grund hat die Verbindung von Hüttenwerken mit Bergwerken, von
Kalkbrennereien und Steinmetzarbeiten mit dem Betriebe von Steinbrüchen u. s. f.
In all den Fällen, wo die Gewinnung des Rohstoffes Hauptsache ist, pflegt
die Verbindung sehr zähe festgehalten zu werden.
In anderen Fällen ist zwar die Rohstoffproduktion gegenüber der indu
striellen Produktion sehr untergeordnet, veranlaßt aber doch häufig eine Ver
bindung. Z. B. bei Porzellan- und Glasfabriken, Zuckerfabriken 2c. Da ist
dann der industrielle Betrieb die Hauptsache; er kann um so rentabler sein,
wenn er das Rohmaterial in unmittelbarer Nähe hat und selbst erzeugt.
Ganz anderer Art sind jene Verbindungen von Industrie und Rohpro
duktion, wobei zwischen beiden gar kein innerer Zusammenhang besteht, sondern
die industrielle Thätigkeit bloß betrieben wird, um die freien Stunden des Roh
produzenten auszufüllen oder wo ein industrieller Arbeiter nebenbei irgend einen
kleinen landwirtschaftlichen Betrieb führt.
In Bezug auf Güte und Menge der Arbeit läßt diese Art von Verbin
dung zwar viel zu wünschen übrig. Namentlich sind jene industriellen Arbeiten
welche lediglich betrieben werden, um die freien Stunden des Arbeiters, insbe
sondere im Winter, auszufüllen, in der Regel höchst unvollkommen und erinnern
an die Anfangszustände aller Industrie. Es fehlt dabei dem Arbeiter an Lust
und Kapital, sich gute Werkzeuge anzuschaffen, die Übung ist gering, von den
Vorteilen der Arbeitsteilung und Anordnung kaum eine Spur. Dazu kommt,
daß die an gröbere landwirtschaftliche Hantierungen gewöhnten Hände sich
schwer in die feinere industrielle Arbeit schicken.
II. Grundbedingungen des Industriebetriebs.
Im allegmeinen. Die Industrie eines Volkes im ganzen, sowie jeder ein
zelne Zweig derselben haben gewisse Grundbedingungen, von welchen ihr Ge
deihen abhängt. Diese Bedingungen sind teils durch die Natur gegeben, teils
haben sie sich im Laufe der Wirtschaftsgeschichte allmählich entwickelt. Bald ist
es möglich, dieselben durch menschliches Zuthun günstiger zu gestalten, bald ist
dies unmöglich. Manchmal ist von diesen Bedingungen die eine, manchmal die
andere von höherer Bedeutung, so daß sich hieraus die mannigfachen Einflüsse auf
die industrielle Geschichte eines Volkes und seiner einzelnen Gewerbszweige ergeben.
Jeder Unternehmer muß diese Bedingungen und Einflüsse, soweit sie sein
spezielles Unternehmen angehen, kennen.
I. Der Rohstoff. Eine Grundbedingung für die Existenz und das Auf
In den einfachsten volkswirt
blühen eines Industriezweigs ist der Rohstoff.
schaftlichen Zuständen, wo die Handwerksthätigkeit sich noch auf die Familie
beschränkt, werden die einfachen Gewerbsprodukte, deren man bedarf, aus den
durch die lokalen Verhältnisse gebotenen Rohstoffen gefertigt; wenn mit der fort
schreitenden wirtschaftlichen Entwicklung allmählich eine Scheidung zwischen Roh
produktion und industriellem Gewerbe eintritt, verlegen einzelne Industriezweige
ihren Sitz an die Konsumtionsplätze, während andere bei den Plätzen, wo das
Rohprodukt gewonnen wird, verbleiben. Und diese Scheidung bleibt bestehen;
während sich die an den Konsumtionsplätzen angesiedelten Industrien in ihrer
Weise und auf ihren Lebensbedingungen entwickeln, thun die an den Rohpro
duktionsplätzen angesiedelten das Gleiche.