Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

VI. Der Organismus der Volkswirtschaft. 
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Vorzüge ausländischer Produktion sind in der Natur der Länder gelegen und 
lassen sich niemals ganz überwinden oder künstlich ins Inland verpflanzen. 
d) Im Besitze besserer Verkehrswege. Hier läßt sich eher Abhilfe schaffen. 
Im Besitze größerer Kapitalien. Diese wurden durch ausgedehn 
teren Handel, durch frühere wirtschaftliche Entwicklung, durch günstigere Boden 
gestaltung erzeugt und bieten einen Vorschub, der sich ebenfalls nicht einholen läßt. 
In einer geringeren Abgabenlast. Ob da abzuhelfen ist, kommt 
auf die jeweiligen politischen Umstände, auf die vorhandene Organisation der 
Staaten an. 
g) Endlich ist es auch möglich, daß die Überlegenheit der ausländischen 
Produktion eine bloß scheinbare ist, nur in einem Vorurteile der inländischen 
Konsumenten begründet. 
2. Die Wirkungen solcher übermächtiger Konkurrenzen des Auslandes 
bestehen in folgendem: 
a) Für das inländische Gewerbe sind sie oft Veranlassung zum Fort 
schritt, zu vermehrter Anstrengung, welche schließlich zu gleicher oder sogar zu 
überlegener Leistung der inländischen Gewerbe führt. 
Möglich und häufig ist indessen entweder der gänzliche Untergang 
b) 
des inländischen Gewerbes oder ein langsames Hinsiechen desselben, ein küm 
merliches Fortvegetieren. Der Untergang muß um so rascher und sicherer ein 
treten, je bedeutender der Vorsprung des Auslandes ist und je weniger das 
inländische Gewerbe Kraft und Fähigkeit zu ungewöhnlichen Anstrengungen be 
sitzt. Die Kapitalien und Arbeitskräfte untergegangener Gewerbe wenden sich 
zwar in andere, ob aber mit Erfolg, das ist sehr fraglich. 
c) Für den inländischen Handel ist die Niederlage inländischer Gewerbe 
durch auswärtige Konkurrenz zunächst kein Nachteil, namentlich dann nicht, wenn 
an die Stelle der unterdrückten Gewerbe neue blühende treten. Für den Umsatz 
der eingegangenen inländischen Produktion hat der Kaufmann dann den Umsatz 
einer neu aufgeblühten, oder den Umsatz mit den auswärtigen Produkten. Wenn 
freilich der Volkswohlstand empfindliche Nachteile erlitten und die Kauffähigkeit 
des ganzen Volkes sich vermindert hat: dann muß auch der Handel mitleiden. 
d) Auch das inländische Kapital erleidet durch solche übermächtige Kon 
kurrenz des Auslandes möglicherweise schwere Verluste, und zwar sowohl an Bar 
kapital als auch an gewerblichen Anlagen, Gebäuden, Maschinen, Halbfabrikaten. 
Für den Konsumenten ist die Konkurrenz des Auslandes zunächst ein 
Vorteil. Eine Abwehr auswärtiger Konkurrenz durch den Schutzzoll nimmt 
dem Konsumenten diesen Vorteil. Der Konsument ist es, der den Schutzzoll 
bezahlen muß; jedenfalls so weit, als es nicht gelingt, ihn auf die ausländischen 
Produzenten überzuwälzen. Das Interesse der Konsumenten kommt namentlich 
dann in Betracht, wenn die eingeführten ausländischen Produkte sog. Halb 
fabrikate sind. Hindert man ihre Einfuhr oder verteuert man dieselben, so daß 
der inländische Konsument solcher Halbfabrikate gezwungen ist, die schlechteren 
inländischen Fabrikate zu benützen oder die ausländischen Halbfabrikate teurer 
zu bezahlen, so schadet man einer inländischen Produktion und der ganzen in 
ländischen Konsumtion. Durch Begünstigung der Einfuhr ausländischer Halb 
fabrikate begünstigt man den inländischen Konsumenten des Halbfabrikates, welcher 
zugleich Produzent ist, und den inländischen Konsumenten des fertigen Fabrikates. 
Diese Frage ist namentlich wichtig bezüglich des Roheisens und der Baumwolle. Um 
diese zwei Halbfabrikate dreht sich in der Hauptsache das ganze Freihandelssystem. 
3. Die Schutzmittel. Dieselben können Ein= oder Ausfuhrverbote, so 
wie Ein= und Ausfuhrzölle sein. Die Gründe, welche im Laufe der Handels 
geschichte zu diesen Maßregeln führten, waren übrigens mehrfache. In den An 
fängen der Handelspolitik war hauptsächlich der Wunsch maßgebend, dem In¬
	        
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