Grundzüge der Nationalökonomie.
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nationale Arbeitsteilung bewirkt, daß die verschiedenen Länder die verschiedenen
Produkte auch mit verschiedenen Vorteilen produzieren. Das muß berücksichtigt
werden. Staatlicher Schutz der Gewerbe veranlaßt leicht zu übertriebenen Unter
nehmungen, hindert den Fortschritt und die gewerbliche Regsamkeit. Die Schutz
zölle sind einseitige Vorrechte mit allen ihren wirtschaftlichen Nachteilen. Jene
Gewerbe, die überhaupt nicht die nötige Lebenskraft haben, vegetieren unter dem
Zollschutze zum Schaden der ganzen Volkswirtschaft fort. An dem durch natür
liche Bedingungen gebotenen Entstehen und Gedeihen der Gewerbe soll man
nichts verkünsteln und keine kranke und lebensunfähige Industrie hervorrufen:
denn dadurch wird bloß Kapital und Arbeit jenen Gewerben entzogen, welche
wirklich lebensfähig wären.
Diese Grundsätze der Freihandelspolitiker sind im ganzen unzweifelhaft
richtig; aber es läßt sich doch auch einiges für die Schutzzölle anführen.
Man darf nämlich vor allem nicht vergessen, daß die gegenwärtigen Staaten
Resultate vielhundertjähriger Entwicklung sind und daß deshalb ihre Wirtschafts
verhältnisse nicht plötzlich auf den Kopf gestellt werden können. Es ist freilich
richtig, daß die internationale Arbeitsteilung jedem Lande jene Gewerbe zuweist
die ihm am meisten zusagen. Aber anderseits ist doch auch eine gewisse har
monische Vollständigkeit der Produktion eines Landes durch die Rücksicht auf
seine Selbständigkeit geboten. Es ist auch keineswegs nötig, daß jedes Gewerbe,
das bei seiner Entstehung die Konkurrenz des Auslandes nicht aushalten kann,
ein kränkliches und verkünsteltes sei; es ist im Gegenteil leicht möglich, daß ein
Gewerbszweig nur anfangs eines Schutzes bedarf, um sich dann bald auf eigenen
Füßen ohne denselben weiter zu entwickeln, wenn nur einmal die Arbeiter hin
reichend eingeschult sind und die Kapitalisten das nötige Vertrauen gefaßt haben.
Hierzu kommt noch, daß unter den europäischen Kulturstaaten keineswegs Über
einstimmung in Bezug auf die Schutzzölle besteht. Es ist schwierig für ein
Land, in dieser Hinsicht allein voranzugehen und etwa ohne Berücksichtigung der
Gesetzgebung anderer Länder freihändlerische Bahnen zu betreten. Die Fort
schritte vom System des Schutzzolls zu dem des Freihandels können nur ganz all
mählich und in wesentlicher Übereinstimmung der großen Kulturstaaten geschehen.
Man ist in den meisten Ländern im Hinblicke auf die für beide und gegen
beide Prinzipien sprechenden Gründe noch heute zu keinem vollkommenen Frei
handelssystem gekommen. Man hat das Schutzzollsystem im Prinzip verworfen:
aber man kann dieses System nicht unbedingt und gewaltthätig beseitigen. Das
Vernünftigste ist, mit den Faktoren zu rechnen, welche die wirtschaftliche Ge
schichte jeweils gibt, und die Frage, ob Schutzzölle, ob Freihandel, in jedem
gegebenen Falle nach der Sachlage und nach dem wirklichen Bedürfnis zu erledigen.
Man hat bei allem Schutz der inländischen Gewerbe gegen die ausländische
Konkurrenz folgendes zu beachten:
1. Die Ursachen übermächtiger Konkurrenz des Auslandes. Diese
Ursachen können bestehen:
a) in wohlfeilen Arbeitslöhnen. Wenn das Ausland eine verhält
nismäßig größere Arbeiterbevölkerung besitzt, wenn diese Arbeiter geringere Be
dürfnisse haben, kann der Lohn im Auslande niedriger sein und das Ausland
deshalb billiger produzieren. Dieser Vorzug gleicht sich heutzutage durch Arbeiter
wanderungen allmählich aus.
b) In einer größeren Geschicklichkeit und in größerem Fleiß der
ausländischen Arbeiter. Teils natürliche Begabung, teils bessere Ausbildung
teils Volkssitte, Wirtschaftspolitik und Geschichte veranlassen solche Unterschiede,
die aber auch allmählich sich ausgleichen.
c) In einer größeren Wohlfeilheit der Rohprodukte. Derartige