Grundzüge der Nationalökonomie.
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Schicksal aller anderen wirtschaftlichen Erscheinungen, die ebenfalls ihre guten
und schlimmen Seiten haben. Schlechte moralische Wirkungen äußert er nur,
wenn er ein Übergewicht über den menschlichen Willen bekommt, wenn er die
Kraft der Selbstüberwindung und Entbehrung lähmt und den Menschen in
verweichlichende Vergnügungen senkt. Dies ist indessen keineswegs von jeder
Art des Luxus zu befürchten.
Der Luxus versieht seine Güter mit besonderen Eigenschaften; Schönheit
der Form und Farbe, Duft und Geschmack sind die wichtigsten dieser Eigen
schaften. Die eigentlich materielle Grundlage der Luxusgüter ist dabei verhältnis
mäßig unbedeutend. Ihr wirtschaftlicher Bestand hat keine sichere Grundlage;
die Laune der Zeit erhält sie länger oder zerstört sie rascher als andere Güter;
sie bietet ihnen sorgfältigere Schonung und übermütigste Zerstörung.
Arten des Luxus. In der Geschichte des Luxus unterscheidet man:
1. Die Anfänge des Luxus. In seinen Anfängen zeigt sich der Luxus
immer roh, mehr durch Quantität als durch Qualität des Verbrauchten wirkend
mehr in kostspieliger Pracht als wirklicher Bequemlichkeit bestehend. Ihn cha
rakterisieren die rohesten Genüsse mit ihrer Entartung.
2. Mit zunehmender Bildung der Völker erreicht der Luxus seine höchste
Blüte; er richtet sich nicht mehr auf unbequemen Prunk, sondern auf geschmack
volle und gesunde Lebensgenüsse. Hier führt er den Menschen vielfach in na
türliche Zustände zurück, verschafft ihm durch Massenproduktion eine Reihe von
wohlfeilen Gütern, ersetzt durch Geschmack manches an Pracht und erfüllt das
ganze Leben der Völker. Seine edelsten und feinsten Genüsse werden auch
dem Armeren zugänglich: Teilnahme an dem Kunstleben der Nation ec. Günstige
Folgen des Luxus können nur von diesem in der Blüte befindlichen Luxus ge
rühmt werden. Er liebt es, sich mit Geist zu verbinden und in dieser Ver
bindung zur Kunst zu werden.
3. Der Luxus kann auch vollkommen entarten. Dann treten wieder die
Kostspieligkeit, der äußere Prunk hervor; an die Stelle der Schönheit tritt das
Pikante und Raffinierte; an die Stelle der Bequemlichkeit die Verweichlichung.
Großartige Beispiele eines entarteten Luxus zeigen die älteren orientalischen
Völker, die römische Kaiserzeit; aber auch an manchen Orten die Gegenwart.
Die Schädlichkeit des entarteten Luxus besteht darin, daß er sowohl wirtschaft
liche, als auch sanitätliche, moralische und politische Pflichten verletzen kann.
Der moderne Luxus insbesondere. Ein Grundzug des modernen
Luxus ist seine Abhängigkeit von der Massenproduktion, durch welche er vor
manchen Verirrungen geschützt wird. Die verderblichste Verirrung des heu
tigen Luxus liegt entschieden im Mißbrauch geistiger Getränke und narkotischer
Genußmittel. Dagegen ist der Kleiderluxus heutzutage weit maßvoller als
vordem, der Luxus in Bezug auf Wohnungen und Geräte von der Kunst ver
edelt; der Dienerschaftsluxus sehr zurückgegangen und gleichmäßiger verbreitet.
Auch findet sich vielfach ein wohlthätiger öffentlicher Luxus, welchen Staat und
Gemeindeverwaltungen treiben, indem sie öffentliche Gärten, Museen, Pracht
gebäude für verschiedene Zwecke errichten und dem Publikum zum Gebrauch
stellen. Bezeichnend für den heutigen Luxus ist es auch, daß ein großer Teil
desselben keinen dauernden Besitz voraussetzt, sondern in genußreichen Thätig
keiten besteht und mit bescheidenem Aufwand erreichbar ist: Spiel, Sport, Di
lettantismus. Große öffentliche Feste laden auch den Armen zur Teilnahme
an einem nationalen Luxus ein.
Gleichgewicht von Konsumtion und Produktion.
Bedeutung dieses Gleichgewichtes. Zum Gedeihen jeder Privatwirtschaft
und jeder Volkswirtschaft ist eine gleichmäßige Ausbildung von Konsumtion und