Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

Grundzüge der Nationalökonomie. 
340 
gleiches Einkommen beziehen. Es würde auch Niemand sein Kapital in irgend 
einem gefährlichen Unternehmen riskieren wollen und der Fortschritt der Pro 
duktion würde dadurch abgeschnitten. 
Ein anderer idealer Zustand der Verteilung des Volkseinkommens würde 
darin liegen, wenn das Volkseinkommen vollständig nach Verdienst und Leistung 
verteilt wäre: wenn derjenige reich wäre, der es verdient reich zu sein, und der 
jenige arm, der es nicht wert ist reich zu sein. Ein solcher Zustand läßt sich 
wohl denken, aber die Mittel ihn herbeizuführen, existieren noch nicht. (Aus 
führlicheres darüber unten. 
Die wirklichen Zustände der Verteilung des Volkseinkommens ent 
fernen sich bald mehr, bald weniger von den idealen. Dort, wo die Verteilung 
noch am besten gestaltet ist, ist sie derart, daß es neben den großen und kleinen 
auch mittlere Einkommen gibt. Je zahlreicher die Mittelklasse des Einkom 
mens, je geringer die Unterschiede zwischen dem geringsten und größten Ein 
kommen, je mehr das Einkommen mit den Verdiensten wächst, um so günstiger 
ist das Verhältnis. Es ist dagegen um so ungünstiger, je mehr sich die ver 
schiedenen Grade des Einkommens von einander entfernen, je mehr der Mittel 
stand verschwindet und eine tiefe Kluft zwischen Reichtum und Armut sich zeigt. 
Allzu ungleiche Verteilung des Einkommens führt zur Geldherrschaft und zum 
Proletariat, zur Demoralisation und schließlich zum Untergang von Völkern 
und Staaten. 
Bestandteile des Einkommens, Einkommenszweige. 
Alles Einkommen besteht aus Kostenersatz und Gewinn. Der Kosten 
ersatz besteht wiederum aus dem Ersatz der verwendeten Arbeit und aus dem 
Ersatz der zur Erzielung des Einkommens angestrengten Kapitalien. Diesen 
beiden Bestandteilen des Kostenersatzes entsprechen zwei Zweige des Einkom 
mens: nämlich das Einkommen aus Arbeitsthätigkeit oder der Arbeitslohn, 
und das Einkommen aus Kapitalbesitz oder der Kapitalzins. Es zeigt sich 
aber, daß bei manchem Einkommen die Arbeit als Erzeugerin des Kapitals 
und das Kapital selbst zurücktritt gegenüber jener Thätigkeit, welche die Ver 
einigung von Kapital und Arbeit herstellt und wobei der Gewinn in 
Vordergrund tritt. Demgemäß ist dieser als der dritte Zweig des Einkommens 
besonders zu betrachten. Arbeitslohn, Kapitalzins und Gewinn bilden mit 
einander das ganze Volkseinkommen. Sie stehen niemals und nirgends in 
gleichem oder dauernden Verhältnisse zu einander und zum ganzen Volksein 
J. 
kommen. „st einer von den Einkommenszweigen im Verhältnis zu den anderen 
gestiegen oder gesunken, so strebt die Volkswirtschaft darnach, das gestörte 
Gleichgewicht wieder herzustellen. Mit allem wirtschaftlichen Fortschritte scheiden 
sich die Einkommenszweige immer mehr von einander und ihr Einfluß auf 
den Menschen wird immer schärfer ausgeprägt. Mehr und mehr scheidet sich 
der eigentliche Lohnarbeiter von dem Kapitalisten und von dem Unternehmer, 
dessen Einkommen vorzugsweise aus Gewinn besteht. Das ganze Leben dieser 
Klassen gewinnt immer mehr trennende Merkmale. Die Verschiedenheiten der 
einzelnen Menschen, die schon durch die Natur und die Erziehung in sie gelegt 
sind, werden durch ihre wirtschaftliche Stellung noch vergrößert. Wo das ganze 
Volkseinkommen wachsen soll, können auch die Einkommenszweige gleichmäßig 
wachsen. Nur bei gleichmäßiger Entwickelung kann der nationale Wohlstand 
im ganzen gedeihen. 
Dasjenige Einkommen, welches ausschließlich durch Naturthätigkeit 
dem Menschen zukömmt, entzieht sich so ziemlich der volkswirtschaftlichen Be 
trachtung. Denn sowie man anfängt, gewisse Regelmäßigkeit an ihm zu beob 
achten, gehört es nicht mehr der Natur an, sondern der Arbeit oder dem Kapital.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer