Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

Grundzüge der Nationalökonomie. 
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und umgekehrt kann etwas kostbar sein und doch wohlfeil, z. B. ein auf einer 
Auktion um den dritten Teil des Ankaufspreises gekaufter Kunstgegenstand. 
Der Preis ist also ein Verhältnis und zwar ein bewegliches Verhältnis. 
Wenn man bloß zwei Güter mit einander vergleicht und eine Anderung dieses 
Verhältnisses an ihnen bemerkt, so läßt sich daraus noch nicht erkennen, welches 
der beiden Güter die Änderung veranlaßt hat. Wenn man z. B. nur wüßte, 
daß man vor 100 Jahren für ein Pfund Gold eine gewisse Quantität Ge 
treide oder Holz u. s. f. bekommen hätte und jetzt weniger dafür bekommt, so 
könnte man daraus an sich noch nicht schließen, welches der beiden Güter eigent 
lich billiger oder teurer geworden ist. Das kann man erst dann erkennen, wenn 
man mehrere Güter unter einander vergleicht. Dann erst erfährt man, ob bloß 
eines, und welches seine Preisstellung verändert hat, oder ob dies bei mehreren 
Gütern stattgefunden hat. 
Angebot und Nachfrage. Wenn mehrere Menschen dieselben Güter haben 
und vertauschen wollen, so ist ein Angebot vorhanden. Suchen dagegen mehrere 
dieselbe Art von Gütern durch Tausch zu erlangen, so ist Nachfrage vorhanden. 
Der Spielraum von Angebot und Nachfrage ist der Markt. Auf dem Markte 
treffen sich diejenigen, welche kaufen und verkaufen wollen; hier finden sich die 
zu veräußernden und die einzukaufenden Güter. Der Preis, welcher sich durch 
die Nachfrage und das Angebot mehrerer bildet, ist der Marktpreis. Dieser 
kommt dem wirklichen Werte in der Regel viel näher als jener Preis, welcher 
bloß zwischen einzelnen Käufern und Verkäufern ausbedungen wird. 
Entstehung des Preises. Bei der Bestimmung des Preises, der für ein 
Gut bezahlt werden soll, wird immer ein Kampf verschiedener Interessen und 
Bestrebungen ausgekämpft. Denn jeder Mensch will, wenn er Güter vertauscht, 
möglichst wenig an Wert hergeben und möglichst viel dafür erhalten. In 
diesem Kampfe der Interessen bleibt der stärkere und erfahrenere Sieger und 
der Preis ist um so höher, je bedeutender die Überlegenheit des Verkäufers ist, 
um so niedriger, je bedeutender die des Käufers. Die Überlegenheit des einen 
oder des anderen wird aber herbeigeführt durch die Konkurrenz der Bedürfnisse. 
Bei jeder Tauschhandlung konkurrieren im Menschen zwei entgegengesetzte Be 
strebungen: ein Streben, das eigene Gut zu behalten und eines, das fremde 
Gut zu bekommen. Je mehr das Bedürfnis nach dem fremden Gute jenes 
nach dem eigenen überwiegt, um so abhängiger ist der im Tausch Begriffene. 
Dieser Kampf der Bestrebungen äußert sich häufig in dem sogen. Feil 
schen oder Markten. Dasselbe besteht darin, daß zuerst Anbietungen gemacht 
werden, welche auf der Seite des Verkäufers den Preis, um den die Sache zu 
letzt wirklich losgeschlagen wird, weit übersteigen, auf der Seite des Käufers 
weit unter jenen Preis hinabgehen. Das Feilschen ist eine entschieden häßliche 
Seite an dem Geschäfte der Preisbildung; denn es ist erzeugt durch eine lüg 
nerische Maskierung der Bedürfnisse. Durch den großen Verkehr einer ganzen 
Volkswirtschaft wird der Kampf der entgegengesetzten Interessen in seinen häß 
lichen Seiten gemildert und abgeschwächt. In solchen Ländern, wo die Kon 
kurrenz noch nicht so bedeutend ist, daß sich allgemein bekannte Marktpreise 
bilden könnten, pflegt die Volkssitte schreiende Übervorteilungen bei der Preis 
bildung schärfer zu tadeln, auch als Wucher zu behandeln und rechtlich zu be 
strafen. Wo dagegen eine lebhafte Konkurrenz von Käufern und Verkäufern 
vorhanden ist, mildert dieselbe am meisten die Härten und die häßlichen Seiten 
des Preiskampfes. 
Ist die wirtschaftliche Kraft und Fähigkeit auf Seite des Käufers und 
Verkäufers die gleiche, wird mit Verstand und ohne unberechtigte Habsucht am 
Zustandekommen des Preises gearbeitet, dann entstehen jene Preise, bei welchen 
beide Teile ihre Rechnung finden, bei welchen jeder gewinnen kann, indem er
	        
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