Grundzüge der Nationalökonomie.
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zu einer u. s.
Nur durch solche Gruppenteilung läßt sich ein kompliziertes
Geschäft überschauen und beherrschen.
Die Volkswirtschaftslehre.
I. Aufgabe und Bestandteile. Volkswirtschaftslehre oder National
ökonomie ist jene Wissenschaft, welche sich mit der Entstehung und den Schick
salen des Volksreichtums beschäftigt. Sie zerfällt in zwei Hauptteile, nämlich:
A. Die theoretische Volkswirtschaftslehre. — Ihre Aufgabe liegt
in Folgendem: Jede wirtschaftliche Erscheinung zeigt sich dem Beobachter als ein
Sein oder Geschehen (z. B. die Abmachung des Preises zwischen Käufern
und Verkäufern). Dieses Sein und Geschehen dem Leben abzulauschen ist die
erste Aufgabe der Volkswirtschaftslehre. Sodann muß sie dem Grunde der
wirtschaftlichen Thatsachen und Ereignisse nachspüren. Sie darf sich nicht be
gnügen, die Wirklichkeit bloß abzuschreiben, sondern sie muß ihre Ursachen prüfen,
von den näheren Ursachen auf die ferneren zurückgehen, die Ursachen gegen
einander abwägen, ihre Kraft messen und ihre Veränderungen untersuchen. Da
bei findet sie, daß die Ursachen der wirtschaftlichen Erscheinungen teils in natür
lichen Bedingungen liegen, in der Beschaffenheit der Länder 2c., teils in den
Handlungen des Menschen. Die wirtschaftlichen Handlungen der Menschen aber
hängen untereinander zusammen; und vieles, was jetzt geschieht, ist Folge längst
vergangener geschichtlich gewordener Ereignisse. So hat die Volkswirtschafts
lehre zu beobachten, wie neues Wirtschaftsleben, neue Wirtschaftssitte auf altem
Boden erwächst.
Die gegenwärtig zu betrachtenden wirtschaftlichen Ereignisse und Handlungen
dienen also zur Erklärung der Wirksamkeit ihrer früheren oder späteren Vorgänger.
Demnach hat die Volkswirtschaftslehre zu prüfen, wohin die von ihr auf
gedeckten Thatsachen führen. Sie hat insbesondere zu untersuchen, ob diese
Thatsachen in Bezug auf die gesamte Kulturaufgabe des Menschengeschlechts,
auf die stete Vervollkommnung desselben vorteilhaft oder nachteilig sind, gut
oder schlecht. Alle diese Aufgaben der Volkswirtschaftslehre und ihre Be
handlung faßt man gewöhnlich unter dem Namen Nationalökonomie,
theoretische Nationalökonomie oder Volkswirtschaftslehre zusammen.
B. Wirtschaftspolitik. Mit Obigem sind aber die Aufgaben der Wirt
schaftslehre nicht abgeschlossen. Denn die Kritik der Erscheinungen muß mit
zwingender Gewalt dazu führen, zu untersuchen, ob die in der Gesellschaft und
im Staat zusammengeschlossene Menschheit auf die wirtschaftlichen Erscheinungen
Einfluß nehmen kann, in welcher Richtung und mit welchen Mitteln dieser Ein
fluß geltend gemacht wird.
Wenn eine Thatsache mit dem Gedanken der Vervollkommnung im Wider
spruche steht, also schlecht ist; wenn man ihre Ursachen kennt und den Zustand
sich vorstellen kann, der besser wäre, so ist eben nur zu untersuchen, ob dieser
bessere Zustand herbeigeführt werden könne, von wem, durch welche Mittel und
mit welchen Organen er herbeigeführt werden könne.
Den Teil wirtschaftlicher Gedankenthätigkeit, welcher sich mit diesen Auf
gaben beschäftigt, faßt man mit Vorliebe unter dem Ausdrucke Wirtschafts
politik zusammen.
Die Wirtschaftslehre untersucht also, was ist und warum es ist; die
Wirtschaftspolitik prüft, was werden soll, warum es anders werden
soll und welche Mittel die Änderung herbeiführen.
Offenbar stehen beide Teile in einem ganz innigen Zusammenhang. Der
erste bleibt wissenschaftlich und praktisch unvollkommen ohne den zweiten; der
zweite kann nicht stehen außer auf dem ersten.
II. Quellen der Volkswirtschaftslehre sind alle wirtschaftlichen Thatsachen.