Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

II. Der Handel des Mittelalters. 
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fluß und beuteten die trägen weichlichen Byzantiner nach Möglichkeit aus, bis 
deren innerlich längst verfaultes Staatswesen 1453 vor dem fanatischen Helden 
mut der Ösmanen zusammenbrach. Unter den Waren, die aus fremden Ländern 
nach Konstantinopel strömten, sind namentlich erwähnenswert: Seidenstoffe, Süd 
früchte und Flachs, letzterer aus Agypten, Gewürze aller Art aus Indien; eben 
daher Edelsteine und Perlen; italienische Industrieprodukte; Bauholz, Eisen, 
Pelzwerk aus Norden. Die wichtigsten Landhandelsstraßen waren die nordwest 
liche, durch das Gebiet der Avaren nach der Donau und nach Deutschland 
führende, und die nordöstliche. Sie führte von Tana (dem heutigen Asow) 
nach Buchara, Balkh und Samarkand; hauptsächlich unterhielten hier die Ve 
netianer den Handel nach Innerasien. Später trat an die Stelle von Tana 
das auf der Krim gelegene, von Genuesen begründete Kaffa. Wichtig war der 
Handel mit den nördlich vom schwarzen Meere wohnenden Völkern, welche zu 
Schiff ihre Rohprodukte nach Konstantinopel brachten. Ein Haupthandelsgegen 
stand auf dem Markte von Konstantinopel waren übrigens Sklaven, sowohl aus 
dem Norden, wie aus den vorderasiatischen Ländern und aus Afrika. 
Die Araber, welche schon im Altertum eine kaufmännische Vermittlerrolle 
zwischen Europa und Asien gespielt hatten, erlangten welthistorische Bedeutung 
als Träger des Islam. Religiöse Begeisterung führte sie durch drei Weltteile; 
ihren Siegen folgten eine eigentümliche Kultur, Gewerbe und Handel. Das 
Auftreten des Islam fällt in das Jahr 622 v. Chr. In diesem Jahre fand 
die Hegira (Hedschra), d. i. die Flucht Mohammeds aus Mekka statt, von wel 
chem Zeitpunkte auch die Zeitrechnung der Mohammedaner anfängt. Mit Feuer 
und Schwert verbreiteten die Nachfolger Mohammeds, des Propheten, seine 
Religion. Trotz des weiten Gebietes, über welches der Islam sich ausdehnte, 
behielt er einen gemeinsamen Mittelpunkt in der heil. Stadt Mekka, die nicht 
allein für das religiöse, sondern auch für das kommerzielle Leben durch die 
Wallfahrten, welche große Pilgermassen dahin führten, bedeutend wurde. Viele 
Städte, die im Altertum Sitze der Kultur gewesen waren, blieben es auch unter 
arabischer Herrschaft, neue wurden gegründet und zu Mittelpunkten moham 
medanischen Lebens. Viel trugen zu diesem regsamen Leben die religiösen Be 
stimmungen bei, welche Erwerbsthätigkeit beförderten. Ackerbau, Industrie und 
Handel, Kunst und Wissenschaft fanden in gleicher Weise Berücksichtigung. Auf 
industriellem Gebiet sind namentlich die mechanische Geschicklichkeit und der un 
beschreibliche Fleiß der Araber rühmenswert. Der Handel zog sich gern an die 
politischen Mittelpunkte der Provinzen. Die jährlichen Pilgerkarawanen nach 
Mekka wurden zu großen wandernden Märkten. Die dem Araber eigentümliche 
Gastfreundschaft konnte auch nur fördernd wirken. 
In Asien waren Bagdad, der Sitz der Kalifen, in dem fruchtbaren 
Mesopotamien durch seinen Reichtum und seine Luxusindustrie, Mossul mit 
seinen Webereien, das glänzende Damaskus mit seinen Prachtgebäuden und 
Gärten und seiner berühmten Metallindustrie die hervorragendsten Städte; da 
neben der Seehandelsplatz Basra, wie die syrischen Küsten und Städte; Bei 
rut u. s. w.; Trapezunt als Handelsstadt des schwarzen Meeres; die größeren 
Binnenstädte Persiens bis ostwärts zu dem alten Baktra. Die Handelsver 
bindungen der Mohammedaner reichten bis China, und Abgeordnete des großen 
Kalifen Harun Alraschid erschienen am chinesischen wie am fränkischen Hof. Auch 
nach dem südlichen Rußland gingen lebhafte Handelsverbindungen und kamen 
von dort her nordische Rohstoffe. Dort war ein wichtiger Punkt des Karawanen 
handels Itil, in der Nähe der Wolgamündung. 
Während die Araber in Asien auf Trümmern einer alten Kultur weiter 
bauen konnten, fanden sie in Afrika vielfach noch die äußerste Rohheit. Aber 
auch diese bildete keine Schranke für die Eroberung und die Kulturbestrebung
	        
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