I. Allgemeiner Teil.
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Konsumtion von Waren, über die Preise an den verschiedenen Plätzen, über
Zollvorschriften, über die an verschiedenen Plätzen vorhandenen Kreditanstalten
Handelsgebräuche u. s. w. Derartige Berichte und Notizen finden sich allent
halben zerstreut; ihre Menge und noch mehr ihr steter Wechsel sind es, was
die wissenschaftliche Behandlung der Handelsgeographie so sehr erschwert. Der
moderne Weltverkehr braust mit einer Hast dahin, daß die wissenschaftliche Be
handlung kaum folgen kann. Kaum ist eine handelsgeographische Erscheinung
wichtig geworden, so wird sie wieder von anderen in den Hintergrund gedrängt.
I. Allgemeiner Teil.
Die Lage der Länder. Auf der Erde finden sich die Land- und Wasser
massen sehr unregelmäßig verteilt; doch läßt sich im allgemeinen eine Festlands
masse auf der nördlichen und eine größere Wassermenge auf der südlichen Erd
hälfte unterscheiden. Die gesamte Ländermasse auf der Erde hat einen Flächen
inhalt von 136 Mill. O.=Kil. = 2 460 000 O.=Meilen. Da das Land die
Wohnstätte der Menschen bildet, muß sich zunächst auch der menschliche Verkehr
vorzugsweise auf der nördlichen Erdhälfte konzentrieren. Die ganze Festlands
masse zerfällt wieder in zwei Hauptgruppen: in die alte und neue Welt; ebenso
wie die ganze Wassermenge der Erde, soweit sie sich zwischen jene beiden Länder
gruppen drängt, in zwei Hauptmassen: den atlantischen und den großen Ozean
zerfällt. Zu dieser Grundgestalt der Länderlage tritt noch die Situation zum
Pol und zum Aquator. Hauptsächlich diese, mit ihr aber noch verschiedene
andere Umstände bedingen die Erzeugung der Güter, von welcher wiederum der
Verkehr abhängig ist. Die Entfernung vom Aquator verursacht zunächst eine
größere oder geringere Produktionsfähigkeit. Die Lage eines Landes zu anderen
in verschiedenem Grade produktionsfähigen Ländern, sowie zu den verschiedenen
Meeren muß natürlich ganz bedeutend auf seinen Verkehr einwirken. Länder,
welche von anderen produktenreichen Ländern durch menschenleere und unfrucht
bare Landschaften getrennt sind, werden stets nach dieser Seite hin und in ihren
eigenen, an jene Landschaften grenzenden Bezirken, geringeres wirtschaftliches
Leben aufweisen als sonst. Es ist, bei den Ländern wie bei den Menschen:
nicht der einzelne allein bildet seine sämtlichen Bedürfnisse aus und erzeugt den
größten Reichtum an Gütern; sondern dazu gehört und verhilft erst das Neben
einanderleben, die Berührung und Reibung mit anderen, selbst der Neid und
die Eifersucht gegen andere. — Dagegen wirkt die Berührung des Meeres
immer anregend auf den Verkehr.
Die horizontale Gliederung. Jeder Kontinent, d. h. jede zusammen
hängende Festlandsmasse besteht aus einem Rumpfe, d. h. einer Hauptmasse,
und aus dessen Gliedern, die durch das eindringende Meer von ihm mehr oder
weniger losgelöst sind: Vorsprünge, Halbinseln und Inseln. Diese Gestaltung
der Länder ist von hoher Bedeutung für ihren Verkehr. Überall bemerkt man,
daß jene Länder und Landesteile, welche den größten Reichtum an Land
vorsprüngen, Buchten, Binnenmeeren und vorgelagerten Inseln aufzuweisen
haben, den lebendigsten Verkehr entwickeln konnten. Besonders ausgezeichnet
sind in dieser Hinsicht Europa, und hier insbesondere die Nordseeländer, die
britischen Inseln und die nördlichen Mittelmeergestade; in anderen Weltteilen
Westindien, die ostasiatische Inselflur, Japan; während Afrika und Südamerika
schon wegen ihrer ungegliederten Küsten an einer gewissen Sterilität des Ver
kehrs leiden. Die verschiedene Gestalt der Küsten wird teils durch das Meer,
teils durch Flüsse, teils auch durch die verschiedene Festigkeit des Erdbodens,
und durch die Steilheit seines Abfalls nach dem Meere bewirkt. Man unter¬