Full text: Lehsten, Carl von: Ueber die Aufhebung der Leibeigenschaft in Mecklenburg und deren günstige und ungünstige Folgen, nebst Vorschlägen zu Ausgleichung der letzteren

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der jetzigen Wohlfeilheit dieses verderblichen Getränkes; 
und bald verläßt er sich denn auf die Armencasse, ver 
zichtet gänzlich auf alles Umherlaufen nach Arbeit und - 
bettelt oder stiehlt, wozu sich denn die kleine Familie auch 
bald gewöhnt: a bove majori discit arare minor! — 
Wäre aber ein wirklicher Mangel, wäre nicht vielmehr 
in der Regel Überfluß an Tagelöhnern vorhanden, so 
würde auch solchem Unheil, wenigstens größtentheils, zu 
steuern sein, die Obrigkeiten würden, der Ordnung und 
ihrer Armencasse zu Gefallen, wohl Beschäftigungen für 
ihre Müssiggänger auffinden und diese dazu anzuhalten 
wissen. 
So ist denn in der That jene Hefe der Bevölkerung, 
jener Überfluß an Einliegern nachtheilig, eine Last nicht 
allein der Commüne, der sie angehören, sondern des ganzen 
Landes; nicht bloß in so ferne überhaupt alle Einwohner, 
die sich nicht zu ernähren wissen, begreiflich eine Last des 
Landes sind, sondern auch, weil solche Müssiggänger 
meistens bald allen Gefühlen für Rechtlichkeit absagen 
und zu Gewerben sich nach und nach gewöhnen, die 
auch den letzten Funken von Ehrlichkeit ersticken und sie 
nebst ihren verwahrloseten Kindern unheilbarer Verworfen 
heit überantworten. 
Möchte demnach der Zwang, jedoch unter anderer 
Gestalt, wiede 
kehren, der vor Aufhebung der sogenannten 
Leibeigenschaft den Heirathslustigen aus der arbeitenden 
Classe die Vernunft zu Rathe zu ziehen gebot; nämlich 
ein Zwang nach gesetzlicher Bestimmung und festen 
Regeln, berechnet auf den allgemeinen, wie auf den in 
dividuellen Wohlstand der Landbewohner dieser Classe, 
nicht wie vormals nach Willkür, deren Anwendung 
allemal verletzt.
	        
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