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Zweyter Theyl.
Von
Vormundschafften.
Tit. 1.
Von denen Personen welchen Vormünder zu
setzen sind.
§. 1. Dieweilen nach dem Tod eines Ehegatten das über
lebende, es seye der Mann oder die Frau, wann lauter rechte
oder angewünschte, und keine Stief-Kinder vorhanden sind,
in dem gemeinschafftlichen Vermögen und deßen Verwaltung
nach dem Herkommen und alter Reformation hiesiger Stadt,
solange sitzen bleibet, bis es zur weitern Ehe schreiten will
als werden die vorhandenen minderjährige Kinder bis dahin
mit keinen ordentlichen Vormündern versehen, sondern wie ein
Wittwer über seine Kinder nach wie vor die Väterliche Gewalt
behält, also kommet einer Wittwe solange sie den Wittwen
Stuhl nicht verrücket, über ihre minderjährige Kinder die
Vormundschafft zu, welches auch denen beschriebenen Kayfer
lichen Rechten gemäß ist; Wann aber eine Wittwe der
Haushalung allein vorzustehen sich nicht getrauet, oder auch
die nächste Freunde wahrnehmen sollten, daß die Wittwe
allein hierzu nicht vermögend seye, so sind denen Kindern
ordentliche Vormuͤnder zu setzen.
Sobald eine Wittwe oder Wittwer, die minderjährige
Kinder haben, zur weitern Ehe schreiten will, sollen denen
vorhandenen Kindern, die unter 25. Jahren und noch nicht
verheyrathet sind, vor allen Dingen getreue und tüchtige Vor¬