Zweite Abteilung.
Die Reichscivilprozeßordnung, ihre
Kritik und Reform.
A. Die Forderung erweiterter Befugnis der Parteien
zur Selbstaustragung ihrer Prozesse.
Nach den bereits an verschiedenen Stellen dieser Ar
beit vom Verfasser gemachten Andeutungen kann es nicht
mehr zweifelhaft sein, daß derselbe ein Hauptgebrechen
des deutschen Prozesses in der rücksichtslosen Zuschneidung
des ganzen Verfahrens für den allein als maßgebend unter
stellten Zweck der Herbeiführung eines richterlichen Urteils
zur Entscheidung des Rechtsstreits findet.
Es ist zwar auch bereits hervorgehoben worden, daß
thatsächlich, wenn auch vielleicht dem Gesetzgeber selber nicht
klar bewußt, in einzelnen Prozeduren dem Gedanken Ein
laß gewährt wurde, daß die Parteien ihr Privatrecht ohne
Rechtsstreit, einseitig feststellen können. Es wurde dafür auf das
Institut der vollstreckbaren Notariatsurkunden (bei deren Er
richtung allerdings der Beklagte im Gegensatz zum französischen
Prozeßrecht sich ausdrücklich der event. Vollstreckung unter
werfen muß), auf das Mahnverfahren, Aufgebotsverfahren
und auch auf die Kontumacialbetreibung hingewiesen.