Full text: Handbuch des Nieder-Oesterreichischen Lehenrechtes (Theil 1)

VII 
verlässigkeit geschehen, wie können Rechte ausgeglichen 
und ihr Werth bestimmt werden, ohne solche vorher zu 
kennen? Eine zweckmäßige Entwickelung der rechtlichen 
Beziehungen muß voran gehen. 
Kömmt aber eine Lehenordnung, welche bisher noch 
mangelt, heraus, so kann solche nur auf die nachher 
neu gestifteten oder verliehenen Lehen einen vollkomme 
nen Bezug haben, auf die schon bestehenden aber bloß in 
so weit wirken, als darin das rechtskräftige Herkom 
men in ein geschriebenes Gesetz umgeschaffen wird. In 
diesem Falle müssen die Gründe immer noch in dem ge 
genwärtig bestehenden Verhältnisse aufgesucht werden. 
Auch erlaubt die Form eines Gesetzbuches niemahls die 
Einschaltung der erforderlichen Beleuchtungen und Er 
klärungen. Selbst ein Commentar kann, nachdem das 
Gesetzbuch die ganze Monarchie umfaßt, sich nicht auf 
das Individuelle einer Provinz so ausdehnen, daß die ge 
genwärtige Darstellung ganz unbrauchbar werden soll 
te. Ihre Bestimmung ist ohnehin bloß dahin beschränkt, 
ein Hülfsbuch zu seyn. Endlich 
Drittens: Die wiederhohlt gemachte Erfahrung, 
daß aus Mangel einer bestimmten Ansicht für die Schluß 
fassungen in Lehensachen, ungeachtet des besten Willens, 
bald den lehenherrlichen, bald den vasallitischen Gerecht 
samen ein Eintrag gemacht worden ist. Die Eigenheit 
des Lehenrechtes, der Umstand, daß solches sich auf 
keine geordneten Gesetze, sondern in Bruchstücken des 
Alterthums, und in einer mit vieler Mühe zu erheben 
den Observanz gründet, kann hierzu um so leichter ver 
leiten, als selbst zur practischen Anwendung der dieß 
fälligen Normen eine genaue Kenntniß der Geschichte
	        
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