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leistet wird, die Geistlichen ohne Widerrede besitzen. Ver
gleiche Oester. Lehen=Tractat Tit. 34. Doch diese Lehen
selbst sind Ausnahmen und Abarten, wovon im zweyten Ab
schnitte gehandelt werden wird.
§. 30. Fortsetzung.
Weil das Lehen-Institut eine Privat-Anstalt ist, wo
bey die Gesetze bloß zu Gunsten der Contrahenten gegeben
worden sind, jedes Uebereinkommen dasselbe verändern kann,
auch das dießfällige Verhältniß zu Gunsten der Lehenherren
gestiftet worden ist, so dürfen dieselben allerdings die für
den Vasallen entspringe den Vortheile nach Willkühr aus
dehnen. Zudem gründen sich die Vorschriften und Gewohn
heiten in Bezug auf die Fähigkeit zum Lehenerwerbe bloß
in den natürlichen Eigenschaften dieses Instituts, und sind
zur Erhaltung der Urbestimmung eingeführte Bedingungen
welche aber ohne Beeinträchtigung der Wesenheit desselben
allerdings wegbleiben können. Den Lehenherren bleibt daher
ganz unbenommen, hierüber zu dispensiren, in so weit nähm
lich bey dem Erwerbenden nicht etwa anderweitige subjective
Hindernisse eintreten a).
Die Lehenherren können demnach in Bezug auf das
Geschlecht, Alter, Gebrechlichkeit, auch selbst zum Theil auf
den Beruf dispensiren, auf diese Weise den Weibern, den
an Körper und Seele Mangelhaften, den Weltgeistlichen,
den Unadeligen Lehen verleihen. Die in dem gemeinen
Lehenrechte vorkommenden Gesetze (II. feud. 26 II. feud. 30.
36.), woraus die Zulässigkeit dieser Ausnahmen zu ersehen
ist, dann die allgemein bekannte Uebung bewähren diesen
Vorzug der Lehenherren b). Jedoch gilt hier die Regel, daß
a) Erläuterung des Longobardischen, Deutschen und Oesterreichi
schen Lehenrechtes nach Böhmers Principien §. 90. Krülls Grund
sätze des heutigen, in Deutschland üblichen Lehenrechtes §. 93.
b) Diese Dispensen nennet man auch Lehengnaden. Dieselben wer-