Full text: Handbuch des Nieder-Oesterreichischen Lehenrechtes (Theil 1)

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Da der Lehengeber nicht aus eigener Rechtskraft han 
delt, sondern nur so viel Wirksamkeit geltend zu machen 
vermag, als er erhalten hat; so muß sich sein Ausübungs 
recht entweder nach den besonders eintretenden Verträgen 
mit dem wirklichen Obereigenthümer, oder nach den Grund 
sätzen und Vorschriften, welche überhaupt bey der Verwal 
tung fremder oder gemeinschaftlicher Güter angenommen sind, 
richten, und daraus bemessen werden. Auf diese Weise kann 
der Landesfürst durch die Landesverfassung, der Privat-Le 
hengeber durch besondere Verträge beschränkt werden. 
Jn Nieder=Oesterreich wird per abusum der Lehengeber 
Lehenträger genannt. Weil in diesem Lande vermöge der 
Privilegien des Erzhauses alle weltliche Lehen ursprünglich 
vom Landesfürsten herrühren, so sind die Privat-Lehenher 
ren sämmtlich schon bloße Lehengeber in Bezug auf den Lan 
desherrn, und da bey ihnen noch gewöhnlich der besondere 
Umstand eintritt, daß die Lehenherrschaft der Familie gehört, 
wie z. B. bey den Grafen von Stahremberg, Hardegg u. 
s. w., wo sohin der älteste des Stammes oder einer Linie 
die lehenherrlichen Rechte nach dem Landesgebrauche ausübet, 
so pflegt ein jeder dieser Privat=Lehenherren ein Lehengeber 
in doppelter Hinsicht zu seyn. Was aber die Lehenherrlichkeit 
der geistlichen Stifte hier Landes betrifft, so sind ohnehin 
vermöge der canonischen Vorschriften die Vorsteher lediglich 
Lehengeber (prodomini). 
Der Maßstab, die Ausdehnung dieses Rechtes, hängt 
bey den ersteren von den Faniilien=Verträgen, dem Landes 
gebrauche und der Erbvereinigung ab. Oesterreichischer Le 
hen=Tractat Tit. 25. (Vergl. F. 25. Nro. V.) Bey den geistli 
chen Vorstehern hingegen müssen die canonischen Gesetze und 
die Ordensvorschriften, welche das Verhältniß zwischen 
ihnen und der geistlichen Communität, der eigentlich die Le 
henherrlichkeit gehört, bestimmen, berücksichtiget werden. 
Uebrigens versteht es sich von selbst, daß hier das dieß 
fällige Ausübungsrecht den von der Gesetzgebung als all 
gemein festgesetzten Grundregeln bey dem Bevollmächtigungs 
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