862 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
Meinung, dafs ein von der causa debendi losgelöstes Schuldbekennt
nis eine selbständige Verpflichtungskraft in sich trage, setzte sich
mehr und mehr in der gemeinrechtlichen Praxis durch 14, wirkte
auf die Auslegung des preufsischen Landrechts ein 15 und kam in
neueren Gesetzbüchern zum Ausdruck 16. Das B.G.B. hat sie ge
setzlich sanktioniert und widmet dem abstrakten Schuldvertrage
einen eignen Titel des zweiten Buchs 17
II. Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis.
Das B.G.B. bezeichnet einen Vertrag, durch den eine Leistung in
seit seiner Schrift trat das Problem in den Vordergrund der Diskussion. Einen
ausführlichen Bericht über die Literatur hat Witte, Kr. V.Schr. VI 330—398
geliefert (1864). Gegen Bähr erklärten sich bes. Bruns, Z. f. R.G. I 94 ff.
118 ff., Schlesinger a. a. 0. (oben Anm. 7) S. 95 ff. (vgl. jedoch S. 141 ff.)
Girtanner a. a. 0. (jedoch mit Ausnahme von Geldversprechen), Buhl, Bei
träge zur Lehre vom Anerkenntnisantrag, 1875, Kindel, Das Rechtsgeschäft
und sein Rechtsgrund, 1892. Für die Verpflichtungskraft des abstrakten Schuld
bekenntnisses bes. Unger, Jahrb. f. D. VIII 209 ff., 213 ff., Windscheid
Kr. V.Schr. I 106 ff., Pand. § 318—319, 412b, Rudorff zu Puchta § 257 Anm.,
Arndts, Krit. Übersch. IV 233 ff., Fitting, Z. f. H.R. III 280 ff., Witte
Kr.V. Schr. VIII 207 ff, Brinz, Pand. § 100, Dernburg, Pand. II § 22, Stobbe
III § 167 (b. Lehmann § 220).
14 Zusammenstellung von dafür und dawider ergangenen Entsch. b. Wind
scheid-Kipp § 412b Anm. 2, Stobbe-Lehmann § 220 Anm. 12. Für die
selbständige Verpflichtungskraft R.Ger. b. Seuff. XLVIII Nr. 23, XLIX Nr. 93,
Z.S. V Nr. 33, Obst.L.G. f. Bayern Seuff. XXXVI Nr. 269 (anders XL Nr. 10)
15 Vgl. Dernburg, Preufs. P.R. II § 15 III 4, Rocholl, Rechtsfälle
I 315. In der Praxis drang schliefslich allgemein beim Abrechnungsvertrage
die vom Preufs. O.Trib. im Erk. v. 3. März 1845 (Entsch. XI 345) noch ge
leugnete, im Erk. vom 26. Sept. 1867 (Strieth LXVII 361) aber bejahte Ver
pflichtungskraft des Schuldbekenntnisses durch; vgl. R.Ger. II Nr. 87. Darüber
hinaus legte das R.Ger. Z.S. XXX Nr. 76 (1892) u. Gruchot XXXIX 910 (1895
dem abstrakten Versprechen überhaupt Verpflichtungskraft bei. Dagegen er
klärte es Z.S. XXXIX Nr. 50 (1896) dies wieder für unvereinbar mit Geist und
Wortlaut des Landrechts. Ebenso Förster-Eccius § 76.
16 Sächs. Gb. § 1398 (von bestrittener Tragweite; vgl. R.O.H.G. XXI 181).
Schweiz. O.R. a. 14 (jetzt 17). Vgl. auch Bayr. Entw. II 1 a. 26.
17 B.G.B. 780—782. Vgl. Degenkolb, Jahrb. f. D. LVI 183 ff. Kling
müller, Das Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis des B.G.B., 1903.
v. Tuhr, Zur Lehre von den abstrakten Schuldverträgen, 1903. Neubecker,
Arch. f. b. R. XXII 72 ff. Stampe, Z. f. H.R. LV 387 ff. Schreiber, Sächs.
Arch. XV 573 ff. M. Rümelin, Zur Lehre von dem Schuldversprechen und
Schuldanerkenntnis des B.G.B., 1905/6. L. Brütt, Die abstrakte Forderung
nach deut. Reichsrecht, 1908. Komm. zu § 780 ff. (bes. Planck, Staudinger.
Oertmann). Schollmeyer S. 185 ff., Endemann § 194 ff., Dernburg II
§ 88 ff., Matthiafs § 134, Cosack § 162, Crome § 303 ff., Kohler II § 82 ff.,
Enneccerus § 420 ff.