§ 209. Gesellschaftsvertrag.
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Raum, so lange der Gesellschaftsvertrag noch nicht ausgeführt
und somit die vereinbarte Gemeinschaft noch nicht wirksam ge
worden ist?
Trotz seiner Vereinigungswirkung bleibt der Gesellschafts
vertrag Vertrag, weil die durch ihn begründete Gemeinschaft
ein Rechtsverhältnis zwischen den Gesellschaftern ist. Hierdurch
unterscheidet er sich von dem Vereinigungsakte, der einen Verein
ins Leben ruft und somit ein einheitliches Rechtssubjekt schafft.
das die Gemeinschaftsbeziehungen in sich konzentriert und über
Beziehungen der verbundenen Personen zueinander emporhebt.
Eine derartige Willenseinigung ist überhaupt kein Vertrag, sondern
ein einseitiger Gesamtakt3. Auf sie sind daher selbst dann, wenn
sie als „Gesellschaftsvertrag“ bezeichnet wird, die Regeln über den
Gesellschaftsvertrag unanwendbar". Änders verhält es sich jedoch
nach den innerlich widerspruchsvollen Bestimmungen des B.G.B.
mit dem Schöpfungsakte eines nichts rechtsfähigen Vereins, der
obschon er seinem Wesen nach kein Gesellschaftsvertrag ist, nach
den Vorschriften über den Gesellschaftsvertrag behandelt werden
soll
Der Gesellschaftsvertrag des B.G.B. ist aber kein reiner
Schuldvertrag, sondern zugleich personenrechtlicher
Vertrag. Denn die Gemeinschaft, die er erzeugt, ist eine Ge
meinschaft zur gesamten Hand und somit personenrechtliche Ge
meinschaft1. Dies ist das Ergebnis einer geschichtlichen Ent
wicklung, die dem germanischen Recht verdankt wird.
II. Geschichte.
Das römische Recht bildete den als societas bezeichneten
Konsensualkontrakt im Sinn eines reinen Schuldvertrages aus 12
Dem Vertrage entspringen lediglich schuldrechtliche Beziehungen
7 In diesem Stadium kann namentlich ein Rücktrittsrecht aus § 325 oder
326 ohne Schaden anerkannt werden, obschon ein Bedürfnis dazu gegenüber
dem § 723 kaum vorliegt. Ist aber der Vertrag bereits ausgeführt oder in der
Ausführung begriffen, so ist der Rücktritt schlechthin ausgeschlossen; R.Ger.
LXXVIII Nr. 67, LXXXI Nr. 71.
s Vgl. oben Bd. I 486 ff., Genossenschaftsth. S. 133 ff.
° Dies gilt insbesondere auch für die Gründung einer Aktiengesellschaft
oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sowie einer Erwerbs- und
Wirtschaftsgenossenschaft oder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit.
1° B.G.B. § 54. Dazu meine Schrift über Vereine ohne Rechtsfähigkeit,
2. Aufl. 1902.
11 Oben Bd. I 663 fl.
12 Tit. Dig. pro socio XVII, 2; Inst. III, 25; Cod. IV, 37.