Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
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Spielschuld vollwirksam ist, und verneint nur im Einklang mit
seinen sonstigen Grundsätzen ihre Vererblichkeit5. Seit dem drei
zehnten Jahrhundert aber begann die Gesetzgebung aus Anlaßs
einer um sich greifenden Entartung des Spieles die Rechtswirk
samkeit der Spielverträge einzuschränken“. Überwiegend wurde
ihnen nunmehr die Klagbarkeit entzogen'. Mehr und mehr wurde
auch das alte Pfändungsrecht wegen Spielschuld eingeengt und
schliefslich die Erzwingung ihrer Befriedigung durch Selbsthilfe
ganz verboten3. Vielfach wurde wenigstens jede Haftung für
Dies gilt auch, wenn er einem Dritten anvertraut wird; vgl. über den „phantner“
durch dessen Zuziehung nach Wiener Stadtrechtsb. a. 47—48 die Klagbarkeit
bedingt ist, Schuster S. 58 ff. Zwangsmittel bot dem Gewinner das Selbst
hilferecht in Gestalt eines Pfändungsrechtes (Schuld u. Haftung S. 42 Anm. 79,
dazu jetzt Planitz S. 342 ff.) und des Festhaltungsrechtes (Planitz S. 345 ff.)
Allein soweit die Haftung reichte, war auch gerichtliche Klage möglich. Das
Gegenteil nimmt jetzt wieder Planitz S. 345 Anm. 141 an. Indessen ist, wenn
noch manche Quellen des späteren Mittelalters grundsätzlich die Klage aus
Spielschuld zulassen, darin Festhaltung des ursprünglichen Rechts zu erblicken;
vgl. Bamb. R. § 37, Hamb. Stadtr. v. 1497 0 13, Stobbe-Lehmann § 245
Anm. 2, Wilda a. a. O. II 146 ff., Bruck S. 27. Der von Planitz S. 346 ff.
versuchte Nachweis, dass die Klagbarkeit sich erst aus dem Festhaltungsrecht
als jüngere Bildung entwickelt habe, ist nicht überzeugend.
Sachsensp. 1 6 § 2 (als ein Fall der ohne Wiedererstattung erworbenen
Schuld, vgl. Schuld und Haftung S. 93). Ebenso Goslar. Stat. S. 6, Schwabsp.
(L) c. 289, und andere Parallelstellen b. Bruck S. 28.
6 Schuster S. 72 ff., 93 ff. Die Bewegung ging von den Stadtrechten
aus. Das Rb. n. Dist. II 36 d. 9—10 stellt das Weichbildrecht, nach dem eine
Klage um Spielschuld unzulässig ist, in einen Gegensatz zum Landrecht, nach
dem geklagt werden kann; vgl. die Stelle bei Kraut, Grundr. § 139 Nr. 5.
Magdeb.-Bresl. R. v. 1261 § 51: beclaget ein man den anderen umbe
topelspiel, her en hat ime nicht zu antworten. Gloss. zu Ssp. III 5 (Kraut
Nr. 3). Münchener Stadtr. a. 43. Prager Stadtr. a. 44. Zahlreiche andere
Belege b. Wilda S. 149 ff., 154 ff., 165, Bruck S. 32 ff., Stobbe-Lehmann
Anm. 6, Planitz S. 345 Anm. 141.
s Anerkannt wird das Pfändungsrecht an allem, was der Spieler bei sich
trägt, noch im Augsb. Stadtr. a. 137, Prager R. a. 18, Bayr. L.R. 272 (Kraut
Nr. 6), Wiener Stadtrb. a. 48 („bis auf das Hemde ausziehen“) und anderen
Quellen; vgl. Wilda S. 146 ff., 154, Bruck S. 30 ff., Stobbe-Lehmann
Anm. 4. Manche Quellen aber gewähren es nur an Sachen, die er „um und
an hat“, Gl. zu Ssp. III, 6 (Kraut Nr. 3), oder umgekehrt nur an barem Gelde,
Wismarer Willkür b. Stobbe-Lehmann Anm. 9. Andere verbieten die
Pfändung überhaupt; Magdeb. Fr. I, 20 d. 1, Memminger R. b. Wilda S. 153.
Auch das Recht, die Person des Schuldners bis zur Bezahlung festzuhalten
— vgl. Gloss. z. Ssp. a. a. O., Lüneburger Stadtr. c. 36 —, wurde mehr und
mehr beseitigt; vgl. Rb. n. Dist. IV, 36 d. 8, Augsb. R. a. 137, Wilda S. 146,
Schuster S. 113 ff., Planitz S. 347.