§ 200. Besondere Arten von Dienstverträgen.
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Unterricht oder Erziehung gerichteten Verträgen begründet er
eine Verpflichtung des Lehrlings zu vermögenswerten Dienst
leistungen. Mit Rücksicht auf diese Dienstleistungen, deren Wert
zwar anfangs geringfügig sein mag, im Laufe der Lehrzeit aber
wächst, wird der Lehrvertrag überwiegend dem Dienstvertragsrecht
unterstellt. Demgemäls erscheint die vom Lehrherrn geschuldete
Unterweisung als Vergütung für geleistete Dienste, nicht als selb
ständige Verpflichtung aus einem beigemischten besonderen Werk
vertrage oder zweiten Dienstvertrage. Hieran ändert es nichts,
wenn der Lehrling wegen der Minderwertigkeit seiner Dienste die
Unterweisung aufserdem durch ein Lehrgeld vergelten muss.
Andererseits wird die vom Lehrherrn geschuldete Vergütung häufig
durch die Gewährung von Wohnung und Kost und für spätere
Abschnitte der Lehrzeit auch durch Geldlohn ergänzt. Dass aber
die begriffswesentliche Vergütung in der Berufsausbildung besteht,
ist der Grund für wichtige Abwandlungen des auf Entgelt durch
Sachvergütung angelegten Dienstvertragsrechts. Im übrigen ist
für die besondere Ausgestaltung des Dienstverhältnisses das regel
mässig jugendliche Alter der Lehrlinge bestimmend. Auch wirkt
der Umstand ein, dafs der Lehrling häufig in die häusliche Ge
meinschaft des Lehrherrn eintritt. Infolge dieser Eigenart gewinnt
in ähnlicher Weise wie beim Gesindevertrage das vertragsmässige
Schuldverhältnis hier einen besonders ausgeprägten personenrecht
lichen Inhalt. Ungeschwächt hält namentlich das Gewerberecht
den patriarchalen Charakter des Lehrlingsverhältnisses aufrecht.
der es den Familienrechtsverhältnissen annähert. Und stärker
noch als im Gesinderecht greift das öffentliche Recht mit polizei
licher Überwachung und polizeilichem Zwang und mit Straf
drohungen ein.
Die Befugnis, Lehrlinge zu halten oder anzuleiten.
ist gesetzlich beschränkt. Sie fehlt Personen, die nicht im Besitz
der bürgerlichen Ehrenrechte sind 199, und kann nach Gewerbe
recht auch anderen Personen aus bestimmten Gründen entzogen
werden 2°. Zur Anleitung von Handwerkslehrlingen sind überhaupt
nur Personen, die über 24 Jahre alt sind und eine Meisterprüfung
bestanden haben, befugt 2°1. Auch ist zur Verhütung der Lehr
199 Gew.O. § 126; H.G.B. § 81.
200 Gew.O. § 126a.
201 Gew.O. § 129 u. 129a. Will ein Meister Lehrlinge in einem anderen
Fach als dem, für das er die Meisterprüfung abgelegt hat, beschäftigen, so
muss er in diesem wenigstens nach gehöriger Lehrzeit die Gesellenprüfung be¬