648 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
In Ermangelung eines besonderen Rechtssätzes hat das Geben und
Nehmen des Mietsgeldes wie jeder anderen Draufgabe nur die be
weisrechtliche Bedeutung eines Zeichens des Vertragsschlusses 33
Nach den meisten Gesindeordnungen ist das Mietsgeld eine
Zugabe, die auf den Lohn nicht angerechnet wird und nur zurück
gegeben werden muss, wenn infolge eines vom Dienstboten zu
vertretenden Umstandes der Vertrag verfrüht aufgehoben wird34
Einzelne Gesindeordnungen behandeln indes das Mietsgeld als
Angeld 35
Überall ist das Mietsgeld Haftgeld; viele Gesindeordnungen
heben ausdrücklich hervor, dass einseitiger Rücktritt gegen Rück
nahme oder Rückgabe des Mietsgeldes ausgeschlossen ist 3e.
c. Doppelverdingung. Schon seit dem Mittelalter galten
aber ausdrücklich bestimmt, dafs es bei der Erneuerung des Gesindevertrages
des Gebens und Nehmens von Mietsgeld nicht bedarf; Oldenb. § 14, Schwarzb.-S.
§ 18, Schaumb. § 16; vgl. auch Kob.-Goth. § 20; anders früher Waldeck. unten
Anm. 101.
33 Ausdrücklich bestimmt in Rhein. Ges.O. § 9, Sächs. § 17, Bad. § 2.
Anh. § 3, Kob.-Goth. § 20 (unter Hinzufügung einer gleichen Vermutung aus
Dienstantritt oder Eintragung ins Dienstbuch), Reufs ä. L. § 8, Lippe § 2,
Brem. § 11—12, Hamb. § 3. Alteres R. b. Könnecke S. 415 ff. — Nach Sächs.
Ges.O. § 17, Altenb. § 16, Kob.-Goth. § 19, Schwarzb.-R. § 18 u. Reufs j. L.
§ 17 kann jeder Teil schriftliche Abfassung verlangen.
34 Schuld u. Haftung S. 352 Anm. 72, Könnecke S. 423 ff.; Rhein. Ges.O.
§ 9, Kurhess., Nass. u. Frankf. b. Süskind S. 38 ff., Bayr. a. 18, Württ. a. 3,
Hess. a. 2, Meckl. § 2, Weim. § 11, Oldenb. § 13, Anh. § 3, Kob.-Goth. § 20,
Schwarzb.-R. § 18 (mit der Besonderheit, daßs eine abweichende Vereinbarung der
Schriftform bedarf), Schwarzb.-S. § 19, Reufs ä. L. § 8, j. L. § 17, Schaumb. § 15,
Wald. § 7, 18, Lüb. § 7, Brem. § 14, Hamb. § 3 (nach dem Dienstantritt ist
es hier nach § 29 immer nur zurückzugeben, wenn das Dienstverhältnis nicht
länger als einen Monat gedauert hat). Regelmässig ist auch die Anrechnung
auf den vom Dienstherrn wegen einer von ihm zu vertretenden verfrühten
Aufhebung zu leistenden Schadensersatz ausgeschlossen. Abweichend Schwarz
burg-S. § 19.
35 So Preufs. u. Vorpomm. Ges.O. § 25—26 vorbehaltlich anderer Verein
barung und doch wohl auch abweichenden Ortsgebrauchs; Sächs. § 17; Altenb.
§ 16; ältere Ges.O. b. Könnecke S. 426 ff.
36 Preufs. Ges.O. § 46, Vorpomm. § 40, Rhein. § 9, Nassau. § 9, Sächs.
§ 20, Württ. a. 2, Meckl. § 2, Oldenb. § 12, Anh. § 3, Lipp. § 2, Lüb. § 7,
Brem. § 13. Doch soll es nach Weim. § 11, Meining. a. 2, Altenb. § 19, Kob.
Goth. § 20, Schwarzb.-R. § 18, Reufs ä. L. § 8, j. L. § 20 als Aufhebung gelten,
wenn das Mietsgeld unbeanstandet zurückgenommen oder zurückgegeben wird.—
Über die Behandlung des Mietsgeldes als Reugeld in einzelnen älteren Quellen
Könnecke S. 444 ff.; noch heute kann in Hohenzollern vier Wochen lang
der Herr gegen Zahlung des verdoppelten Mietsgeldes, der Dienstbote gegen
Verlust des Mietsgeldes zurücktreten; Kähler S. 141.