§ 200. Besondere Arten von Dienstverträgen.
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von der Lebensauffassung ab und kann nach den örtlichen Gewohn
heiten verschieden ausfallen. Wesentlich ist vor allem Eintritt in
die häusliche Gemeinschaft des Dienstherrn2°. Doch wird die
Zugehörigkeit zum Hausstande durch das Fehlen einzelner Momente
der vollen Hausgemeinschaft nicht ausgeschlossen 21. Erforderlich
ist ferner ein auf längere Dauer angelegtes Dienstverhältnis mit
fest bestimmter Vergütun
22. Sodann mufs es sich um häusliche
oder gleichgestellte wirtschaftliche Dienste handeln. Gewerbliche
Dienste schliefsen nur dann, wenn sie als Nebenleistungen geschuldet
werden, den Begriff des Gesindevertrages nicht aus; bilden sie den
Hauptinhalt der Verpflichtung, so gilt trotz Aufnahme ins Haus
und Leistung einzelner häuslicher Dienste nicht Gesinderecht
sondern Gewerberecht 23. Dagegen ist in ganz Deutschland der
Begriff des Gesindedienstes auf die Tätigkeit im landwirtschaft
lichen Betriebe des Dienstherrn erweitert 24. Schliefslich dürfen
Bad. § 1, Oldenb. § 1, Anh. § 2, Schwarzburg-Rudolst. § 1, Schwarzburg-Sondersh.
§ 1, Reufs ä. L. u. j. L. § 1—2, Schaumb. § 2—3, Wald. § 1, Lüb. § 1, Brem.
§ 1, Hamb. § 2. Dagegen fehlt es an jeder Begriffsbestimmung in den Ges.O.
v. Bayern, Württemberg, Mecklenb., Lippe, Elsals-Lothringen, sowie v. Hessen
(wo nur a. 1 die Ausschliefsung höherer Dienste ausdrücklich feststellt).
Vgl. Oertmann S. 209 ff., Böckel S. 160 ff. u. bes. eingehend Süskind
S. 13—33.
2° Ausdrücklich gefordert wird Eintritt in die „häusliche Gemeinschaft“
in Weim. § 2 u. Kob.-Gotha § 2, Zugehörigkeit zum „Hausstande“ in Lübeck
§ 1, Aufnahme in die „Hausgenossenschaft“ in Bremen § 2. Die Ges.O. v.
Oldenb. § 1, Schwarzb.-S. § 1 u. Schaumb. § 2 fordern „persönliche Unter
ordnung“, die von Reufs ä. L. § 1 Verpflichtung zu einem der Ges.O. ent
Über die älteren Ges.O. vgl. Süs
sprechenden „persönlichen Verhalten“.
kind S. 24 ff.
21 Gewährung von Kostgeld statt Kost und abgesonderter Wohn- oder
Schlafraum sind mit dem Gesindeverhältnis vereinbar, was die Brem. Ges.O.
§ 2 ausdrücklich hervorhebt. Nicht aber ein selbständiger eigner Hausstand,
Darum gehören auch ständig im Hause beschäftigte Aufwartefrauen, Näh
terinnen usw. nicht zum Gesinde. Ebensowenig die auf Gutsland abgesondert
siedelnden ländlichen Arbeiterfamilien (Dienstfamilien, Instleute usw.).
22 Dies ist in vielen Ges.O. ausdrücklich gesagt. Hamb. § 2 begnügt sich
aber mit einer Mindestdauer von einer Woche im Stadtgebiet und vier Wochen
im Landgebiet.
23 Unsicher ist die Abgrenzung namentlich bei den Bediensteten von
Gasthäusern.
24 Der Grund liegt in der geschichtlichen Entwicklung und in der heute
noch fortdauernden engen Verbindung zwischen Hauswirtschaft und Landwirt
schaft. Darum gehören die in der Feld- oder Stallarbeit beschäftigten Knechte
und Mägde, aber auch Hirten, Gutsschäfer, Kutscher, Gärtner usw. zum Ge¬