Full text: Deutsches Privatrecht (3)

Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften. 
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an dieser Stelle das Gesinderecht. Denn gerade der Gesinde 
vertrag, von dem, wie oben bemerkt ist, das deutsche Dienst 
vertragsrecht seinen Ausgang nahm, unterliegt bis heute einem 
Sonderrecht, das sich in kontinuierlichem Zusammenhänge mit dem 
alten Recht auf einheimischer Grundlage entwickelt hat. 
1. Quellen. Nach dem Vorgange des Sachsenspiegels ent 
halten die mittelalterlichen Quellen eingehende Bestimmungen über 
das Gesinderecht. Die in ihnen ausgesprochenen Rechtssätze er 
hielten sich nach der Rezeption im partikulären Gesetzes- oder 
Gewohnheitsrecht, wurden aber vielfach durch die polizeiliche Ge 
setzgebung und seit dem 17. Jahrhundert durch zahlreiche besondere 
Gesindeordnungen im Geiste des obrigkeitlichen Staates umgebildet 
und ergänzt. Von den grossen Gesetzbüchern regelte nur das 
preufsische allgemeine Landrecht die Rechtsverhältnisse des Ge 
sindes 13. Seine Vorschriften wurden durch die Gesindeordnung 
vom 8. November 1810 ersetzt 14. Im 19. Jahrhundert ergingen 
zahlreiche neue Gesindeordnungen, die sich vielfach an das preufsische 
Vorbild anlehnten. Das E.G. zum B.G.B. hat in Art. 95 das Ge 
sinderecht mit einigen Einschränkungen der Landesgesetzgebung 
vorbehalten. In Preufsen sind die alten Gesindeordnungen mit 
den durch das Reichsrecht bedingten Änderungen in Kraft ge 
blieben, so dafs im gröfsten Teile der Monarchie die Gesindeordnung 
von 1810 fortgilt, in den ihr nicht unterworfenen Landesteilen aber 
verwandte ältere Gesindeordnungen gelten 15. Dagegen sind in den 
b. Haubold I § 95 ff. Thüring. R. b. Boeckel, Landesprivatr. der Thür, 
Staat. § 36—42, älteres b. Heimbach § 117ff., Weim. b. Sachse § 172 ff. 
Goth. b. Brückner § 849 ff. Bad. R.: Dorner u. Seng § 27. Hess. R.: 
Wolf § 38. Meckl. R.: Buchka § 15. Braunschw. R.: Steinacker § 32 ff. 
Hamb. R.: Baumeister I § 52, Nöldeke § 43. Waldeck. R.: R. Lange 
§ 9. Elsafs-Lothr. R.: Kisch § 47 ff. 
13 T. II Tit. 5. Jedoch nur subsidiär. — Das Österr. Gb. § 1172 verweist 
auf die besonderen Dienstbotenordnungen, deren es 25 gibt; Morgenstern, 
Die in Österreich geltenden Dienstboten-O., 1901; Krainz § 343 Anm. 10; 
Ausgabe des A.B.G.B. von Schey, 1914, Zusatz zu § 1172. — Der Code civ. 
kennt überhaupt kein besonderes Gesinderecht. Ebensowenig das Schweiz. O.R. 
14 Sie hob die §§ 1—176 des Landrechtstitels auf; die §§ 177 ff. über 
Hausoffizianten blieben in Kraft, sind aber durch das A.G. zu B.G.B. a. 89 
aufgehoben. 
1b Preuls. A.G. a. 14. Über den Geltungsbereich der Ges.O. v. 1810, der 
auch die Schutzgebiete und Konsulargerichtsbezirke umfafst, vgl. Dernburg 
§ 311 Anm. 4. Aufserdem gelten: Ges.O. für die Rheinprovinz v. 19. Aug. 1844, 
für Neuvorpommern und Rügen v. 11. Apr. 1845, für Schleswig-Holstein v. 
25. Febr. 1840 (jedoch in Lauenburg noch Dienstboten-Ed. v. 22. Dez. 1732),
	        
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