§ 198. Leihe und Darlehen.
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aus dem heutigen Recht nicht verschwunden ist 169. Er hat, wie
schon erwähnt ist, eine bedeutungsvolle geschichtliche Rolle ge
spielt, indem aus seiner Verbindung mit der Landgüterpacht und
seiner Erweiterung auf das tote Inventar die Übernahme des
Grundstücksinventars als eisern hervorgegangen ist. Doch sind.
wenn er als selbständiger Vertrag geschlossen wird, die für das
eiserne Inventar geltenden Vorschriften nur teilweise entsprechend
anwendbar17°. Den Gegenstand des Pachtverhältnisses bildet beim
Eisernviehvertrage die Herde als eine nicht nur im Wechsel der
Stücke beständige, sondern überhaupt nur nach Zahl und Be
schaffenheit der Stücke bestimmte, also gewissermassen fungible
Gesamtsache. Der Pächter hat daher eine Herde von gleicher
Stückzahl und Beschaffenheit zurückzugewähren171 Er trägt die
volle Gefahr: „Eisern Vieh stirbt nie. Ihm steht aber auch inner
halb der Grenzen einer ordnungsmäfsigen Wirtschaft die Verfügung
über die einzelnen Stücke zu. Gleichwohl ist im Zweifel auch
hier das Eigentum an der Herde beim Verpächter 172. Doch ist
es auch möglich, dafs das Eigentum auf den Pächter übergehen
soll. Dies ist namentlich anzunehmen, wenn ihm ein Wahlrecht
zwischen Rückgewähr einer gleichartigen Herde oder Zahlung des
axpreises gewährt oder er sogar zur Zahlung des Taxpreises ver
pflichtet wird 173. Dann aber tritt der Vertrag aus dem Rahmen
des Pachtvertrages überhaupt heraus.
§ 198. Leihe und Darlehen.
1. Leihe. Unter „Leihe“ wird heute die Überlassung einer
Sache zu unentgeltlichem Gebrauch verstanden. Manche Gesetz
bücher sprechen von „Gebrauchsleihe“1. Das Wort hat diesen
1e Fälle aus der gemeinrechtlichen Praxis bei Seuff. XXXVI Nr. 116,
VV
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VII Nr. 108. Von den Gesetzbüchern behandelt ihn nur das Sächs. Gb,
§ 1210. Der Code civ. regelt mur den mit Landpacht (a. 1821—1826) oder Teil
pacht (a. 1827—1830) verbundenen cheptel de fer; oben S. 557 Anm. 106.
17 Vgl. Motive zum Entw. des B.G.B. II 442—443,
Dabei ist eine bei der Übergabe vorgenommene Schätzung zugrunde
zu legen. Doch braucht der Pächter hier niemals mehr Vieh, als er erhalten
hat, herauszugeben.
172 Seuff. XXXVI Nr. 116, XXXVII Nr. 108; Beseler § 197 Anm. 10.
Auch neu eingestellte Tiere fallen (wie nach B.G.B. § 588* 2) in das Eigentum
des Verpächters, jedoch nur bis zu der festgesetzten Stückzahl.
173 Seuff. XXXVII Nr. 108. Die älteren Juristen sprachen hier von einer
„taxatio venditionis causa“.
1 So Sächs. Gb. § 1173, Schweiz. O.R. Tit. 9 (jetzt Tit. 9 Abs. 1), auch
Entw. I § 549. Code civ. a. 1874: prêt à usage.