Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
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2. Verpflichtungen des Vermieters oder Ver
pächters.
a. Gebrauchsgewährung. Der Vermieter hat dem Mieter
den Gebrauch der vermieteten Sache, der Verpächter dem Pächter
den Gebrauch der verpachteten Sache oder des sonstigen verpach
teten Gegenstandes während der Miets- oder Pachtzeit zu gewähren4
Diese Verpflichtung schliefst die Verpflichtung ein, dem Mieter oder
Pächter den für den vertragsmässigen Gebrauch erforderlichen
Besitz zu verschaffen 45 und die Sache in einem für diesen Ge
brauch geeigneten Zustand nicht nur zu überlassen, sondern auch
fortdauernd zu erhalten 46
b. Gewährung des Fruchtgenusses. Der Verpächter
hat aufserdem dem Pächter den Fruchtgenufs des verpachteten
Gegenstandes während der Pachtzeit zu gewähren 47.
Doch er
streckt sich seine Verpflichtung nur auf die Früchte im wirtschaft
lichen Sinne 48
wenn die Kündigung bei Bewilligung eines höheren oder geringeren Zinses
seitens des anderen Teiles unterbleibt oder zurückgenommen wird. Dagegen
gehört zur Änderung des Gegenstandes ein neuer Vertrag. Doch ist eine
nebensächliche Erweiterung oder Einschränkung des Gegenstandes (z. B. hin
sichtlich einzelner Räume eines Gebäudes) im Rahmen des alten Vertrages
möglich.
44 B.G.B. § 535, 581. Vermietet oder verpachtet werden können also nur
irgendwie gebrauchsfähige Gegenstände. Das Gebrauchsrecht kann aber auf
einen Sachteil oder auf einzelne Arten des Gebrauches beschränkt werden.
46 Regelmässig ist er zur Übergabe verpflichtet. Doch kann es sich auch
um einen Gebrauch handeln, bei dem die „Überlassung“ (§ 536) eine Übergabe
nicht fordert; Fischer-Henle zu § 535 Bem. 4, Oertmann Bem. 1 d u. 2 a. E.
46 B.G.B. § 536. Mangels anderer Abrede, die sich aber auch aus der
Verkehrssitte ergeben kann, hat er daher die erforderlichen Reparaturen zu
besorgen (Ausnahme bei der Landpacht nach § 582, vgl. unten § 197 III 2).
Dagegen ist er zur Wiederherstellung der untergegangenen Sache (z. B. Neu
bau des abgebrannten Hauses) nicht verpflichtet, vielmehr gelten in diesen
Falle die allgemeinen Regeln über Unmöglichkeit der Erfüllung; so auch
Österr. Gb. § 1112, Sächs. Gb. § 1213, Seuff. XXI Nr. 45. Er hat ferner so
wohl sich selbst jeder Gebrauchsstörung zu enthalten, wie Störungen durch
Dritte tunlichst zu verhindern oder zu beseitigen. Von der Verpflichtung,
gegen Dritte einzuschreiten, wird er dadurch nicht entbunden, dass der Mieter
oder Pächter auf Grund seines Besitzrechtes sich selbst helfen kann (vgl. R.Ger.
LIX Nr. 89).
47 B.G.B. § 581. Verpachtet werden können also nur fruchttragende
Gegenstände. Das Nutzungsrecht kann aber auf eine einzelne Fruchtart be
schränkt werden.
48 Nur diese ergreift auch das sachenrechtliche Anfallsrecht des Pächters;
oben Bd. II 593 Anm. 31.