Full text: Deutsches Privatrecht (3)

514 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften, 
sachenrechtliche Kraft 23. Der Käufer oder sonstige Sondernach 
folger des Vermieters oder Verpächters mufste also das Gebrauchs 
und Nutzungsrecht des Mieters oder Pächters in dem bedungenen 
Umfange, für die bedungene Zeit und gegen den bedungenen Zins 
sich gefallen lassen 24. Bei fahrnisrechtlicher Miete oder Pacht fand 
die Wirksamkeit der Gewere Dritten gegenüber natürlich an den 
allgemeinen Versagungen des Schutzes gegen Dritte ihre Schranke. 
Nach der Rezeption setzte sich das römische Recht der 
locatio conductio als gemeines Recht durch. Miete und Pacht 
wurden als bindende Konsensualverträge anerkannt, jedoch rein 
obligationenrechtlich konstruiert. Die Mieter und die Pächter 
wurden zu bloisen Detentoren herabgesetzt. Jedem Sondernach 
folger des Vermieters oder Verpächters gegenüber wurden sie 
schlechthin entrechtet. Der Satz „Kauf bricht Miete“, den man 
eine Zeitlang sogar in seinem schuldrechtlichen Sinne dem römischen 
Recht zu imputieren suchte 25, wurde zum ungenauen Ausdruck 
des allgemein durchgeführten Grundsätzes erhoben, dafs der Käufer 
seinerseits den Mieter ohne weiteres austreiben kann. Nur teil 
weise und nicht endgültig drangen im gemeinen Recht Bestrebungen 
durch, dem Mieter oder Pächter wenigstens Besitzschutz zu ver 
schaffen 2e und die äufsersten Härten des Satzes „Kauf bricht 
Miete“ abzuschleifen 27. 
28 Dies bezeugen alle ihn aussprechenden Quellen; oben S. 512 Anm. 18, 
Der Satz gilt auch im Falle der gerichtlichen Veräufserung auf Grund eines 
jüngeren Pfandrechtes, während natürlich ein älteres Pfandrecht durch Ver 
mietung nicht geschwächt werden kann; Gosl. Stat. S. 24 Z. 19 ff., Rsb. n. D. 
II, 4 d. 18. 
24 Ein Eintritt in den Vertrag fand ursprünglich nicht statt. Die Pflicht 
zur Zahlung des Zinses an den neuen Eigentümer ergab sich schon aus sachen 
rechtlichen Grundsätzen; vgl. Sachsensp. II, 46 § 3, III, 77 § 2. Rsb. n. Dist. 
II, 4 d. 5: Der is denne gekouft hette, der behalde sin eygen, ab her wel, und 
warte sines zeinses. Später nahm man Eintritt in das Schuldverhältnis an. 
Vgl. v. Brünneck S. 180 ff. — Über die mehrfach begegnende analoge An 
wendung des Satzes „Kauf bricht nicht Miete“ auf den Fall, dass das von 
einem Satzungsgläubiger, Niefsbraucher oder Vasallen verpachtete oder ver 
mietete Grundstück an den Eigentümer zurückfällt, vgl. v. Brünneck S. 188 ff. 
25 v. Brünneck S. 177 ff. weist darauf hin, dass hierbei die germanische 
Auffassung (oben S. 512 Anm. 16) fortwirkte. In neuerer Zeit dagegen drang all 
gemein die Ansicht durch, dafs der Vertrag zwischen Mieter und Vermieter be 
stehen bleibe, dieser daher jenem, falls ihn der Käufer entsetzt, Schadensersatz 
schulde; Windscheid-Kipp § 400 Anm. 7, Seuff. XLVIII Nr. 88. 
26 Oben Bd. II 216 Anm. 25, 252 Anm. 22. 
27 Über das Einzelne vgl. Windscheid-Kipp a. a. 0. Dass dem Mieter 
eine angemessene Frist gelassen werden müsse, um sich anderweitig vorzusehen,
	        
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