510 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
Leistungsgegenstandes bestimmt und mufs sich nach deutschrecht
licher Auffassung je nach dessen ungleicher Beschaffenheit differen
zieren. Demgemäls walten namentlich gröfsere Unterschiede, als
zwischen Miete und Pacht, zwischen Miete und Pacht von Liegen
schaften einerseits und von Fahrnis andererseits.
II. Geschichte. Das ältere deutsche Recht entwickelte
erst im Laufe des Mittelalters ein besonderes Miets- und Pacht
recht. Ursprünglich erschienen Gebrauchs- und Nutzungsrechte.
die auf Zeit gegen wiederkehrenden Zins eingeräumt waren, als
eine Spielart, und zwar eine besonders unvollkommene und zer
brechliche Spielart der Leiherechte5. Darum traten auch die zu
grundeliegenden Verträge nicht aus dem Rahmen der übrigen
Leiheverträge heraus und wurden gleich ihnen als Veräufserungs
verträge aufgefasst, die unter den Begriff eines Verkaufes oder
einer mit Auflage beschwerten Schenkung eines Rechtes an der
Sache fielen“. Zuerst in den Städten gewann neben der Häuser
leihe die Häusermiete und bald auch die Wohnungsmiete und
sonstige Raummiete selbständige Bedeutung und Gestalt und wurde
in den Stadtrechten als besonderes Rechtsgeschäft geordnet'. All
mählich nahm auch die auf dem Lande neben den mancherlei
Formen der hofrechtlichen Leihe und der landrechtlichen Erbleihe
aufkommende freie Zeitleihe die Merkmale der Zeitpacht ans.
5 Oben Bd. II 353 Anm. 19, 355 Anm. 26.
6 Hieraus folgt, daßs im Gebiete des Beispruchsrechtes die Zeitleihe hin
sichtlich eines Grundstücks den Erben des Verleihers, falls er nicht zugestimmt
hat, nicht bindet. Sachsensp. III 77 § 1, für die hube auch Schwabensp. (L)
150, Bayr. L.R. 160. Dazu die Sachsenspiegelglosse, die dies auf jede „vor
midinge“ bezieht und damit begründet, dass man durch Vermieten so gut wie
durch Verkaufen das Eigen den Erben entziehe. Vgl. Lewis, Die Sukzession
des Erben S. 131 ff. Die Unvererblichkeit der Verpflichtung des Verpächters
oder Vermieters wurde vereinzelt auch unabhängig vom Beispruchsrecht fest
gehalten; v. Brünneck a. a. O. S. 169 ff.
Arnold a. a. O. S. 192 ff. Als technische Ausdrücke erscheinen nun
Miete (Mieten, Vermieten), daneben Heuer (Heuern und Verheuern) und Bestand
(„besten“, z. B. in Landshuter Stat. v. 1347 b. Rosenthal S. 187). — Vgl.
Haltaus s. v. Bestand, Hure und Miete.
8 Für die Rechtsbücher ist die Pacht noch eine Art der Zinsleihe, der
Pächter „Zinsmann“, das Pachtgut „Zinsgut“, der Verpächter der „Herr“. Ein
technischer Name für den Pachtvertrag fehlt. Das Verpachten wird im Sachsensp.
III 77 § 1 als „Austun“ von Land „to tinse oder to plege to besceidenen jaren",
im Schwabensp. 150 besetzen umb zins vor jar ze jar umschrieben. Die Glosse
zum Sachsensp. III 77 und das Rsb. n. Dist. II 4 d. 5 sprechen auch bei Land
gütern von Vermieten und Mieten, das Billwärder L.R. a. 65 u. 74 und andere