Full text: Deutsches Privatrecht (3)

§ 193. Gewährleistung für Rechtsmängel. 
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verschwand die Defensionspflicht völlig aus dem deutschen Recht 21 
Schliefslich aber erlosch sie. Das Recht der Selbstverteidigung 
des Käufers wurde aller Schranken entledigt, das Recht der Streit 
verkündigung ihm nur als Mittel der Abschneidung von Einreden 
wegen unzureichender Prozefsführung gewährt, der Verteidigungs 
pflicht des Verkäufers das Recht zum Eintritt in den Prozels be 
hufs Wahrung seines eignen Interesses an dessen Ausgang sub 
stituiert 22. Diese Entwicklung aber vollzog sich im Zusammen 
hange mit dem Durchbruch der aus der Schirmungspflicht hervor 
gewachsenen und sie schliefslich überflüssig machenden Steigerung 
des materiellen Inhaltes der Gewährleistungspflicht. 
Denn andererseits drängte das materielle Recht unaufhalt 
sam zur Anerkennung der Rechtsverschaffungspflicht des Verkäufers. 
In Übereinstimmung mit einer in der älteren gemeinrechtlichen 
Doktrin angebahnten Auffasssung legten die grossen Gesetzbücher 
dem Verkäufer die Verpflichtung zur Verschaffung freien Eigen 
tums auf 28. Im gemeinen Recht wurde das römische Prinzip nicht 
überwunden 24. Das B.G.B. aber führt das Rechtsverschaffungs 
prinzip in voller Reinheit durch 25. Damit bringt es zugleich die 
Loslösung der Gewährleistungspflicht wegen Rechtsmängel vom 
Eintritt eines prozessualen Angriffes gegen den Käufer zum end 
gültigen Abschlufs. 
II. Inhalt. Nach heutigem Recht liegt, wenn der Verkäufer 
dem Käufer das Recht, dessen Verschaffung er ihm schuldet, nicht 
scheidenden Einfluss des germanischen Rechts auf die Entwicklung der modernen 
laudatio auctoris sucht Gillis a. a. O. S. 88 ff. nachzuweisen. 
21 Noch das Preufs. A.L.R. I, 11 § 136 sagt: „Der Verkäufer muss also 
auch den Käufer gegen alle Ansprüche eines Dritten auf die verkaufte Sache 
vertreten. 
22 Z.Pr.O. § 72 ff. Nur darin, dass durch gehörige Streitverkündigung 
dem Verkäufer jede Berufung auf Unrichtigkeit des Urteils oder Nachlässig 
keit der Prozefsführung abgeschnitten wird, wirkt die germanische Schirmungs 
pflicht nach. 
23 Oben § 192 S. 453 Anm. 98. Über die Entwicklungsgeschichte vgl. 
Rabel S. 256 ff., 315 ff. Bemerkenswert ist namentlich der von ihm nach 
gewiesene Einfluss des Systems der öffentlichen Bücher (S. 262 ff.), der Natur 
rechtslehre Wolfs (S. 272 ff.), der Parallelisierung von Rechtsmängelhaftung 
und Sachmängelhaftung (S. 315 ff.). 
24 Bis zu der Schrift Ecks (oben § 192 S. 453 Anm. 97) zeigt sich eher 
eine rückläufige Bewegung. Aber auch gegenüber der seitdem vordringenden 
theoretischen Strömung zugunsten des Rechtsverschaffungsprinzips hielt die 
Praxis an der Auffassung fest, dass der Verkäufer nur das habere licere zu 
leisten habe. 
25 Oben § 192 V 2 452 ff.
	        
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