438 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
Lebensvorgange widersprechende Fiktion 21. Vielmehr erfolgt die
Veräufserung selbst kaufweise 22. Doch schliefst die Einigung
darüber, dafs die Ware Kaufgegenstand und das Geld Kaufpreis
sein soll, auch hier einen Schuldvertrag ein. Denn sie begründet
die schuldrechtlichen Wirkungen eines vollzogenen Kaufes und ins
besondere die Gewährleistungspflicht des Verkäufers 23
III. Inhalt des Kaufs. Den Inhalt des Kaufvertrages bildet
ein
gegenseitiges Leistungsversprechen, das seitens des Verkäufers
auf
eine Ware, seitens des Käufers auf einen Preis gerichtet ist
1. Ware. Ware kann jedes vermögenswerte Gut sein, das
der Übertragung auf ein anderes Subjekt fähig ist.
a. Sachen. Die ursprünglichste und noch heute wichtigste
Art des Kaufes ist der auf den Umsatz körperlicher Gegenstände
abzielende Sachkauf.
Gegenstand des Sachkaufes kann jede verkehrsfähige
Sache sein. Der Sachkauf ist entweder Liegenschaftskauf oder
Fahrniskauf 23a. Jenachdem er eine individuell oder eine nur der
Gattung nach bestimmte Sache betrifft, ist er Spezieskauf oder
Gattungskauf. Auch Geld kann, insoweit es eben als Ware be
handelt wird, gekauft werden 24. Als Sachkauf erscheint trotz des
in ihm zugleich enthaltenen Rechtskaufes grundsätzlich auch der
Kauf von Wertpapieren 25. Den Gegenstand des Kaufes kann natür
lich auch eine körperliche Gesamtsache oder eine Hauptsache mit
Zubehör als Sacheinheit bilden. Der Kaufvertrag kann aber auch
eine beliebige Vielheit von Sachen zu einem durch einen Gesamt
preis zu vergeltenden Kaufobjekte zusammenfassen 26
21 Man denke an den Automatenkauf, den Kauf eines Theaterbilletts, den
Geldwechsel (soweit er Kauf ist), die Entnahme einer mit Preisangabe aus
gelegten Ware usw. — Da hier eine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises
nie entstanden ist, trifft auch den Käufer nicht die Beweislast der erfolgten
Zahlung, sondern den Verkäufer die Beweislast der Nichtzahlung.
22 Gerade wie beim Handgeschenk schenkweise.
23 Hierüber ist man einig. Aber auch der Käufer ist, wenn sich seine
Leistung als mangelhaft herausstellt (z. B. falsches Geld oder aus Versehen
zu wenig), zur Ersatzleistung verpflichtet.
23a Das neue Schweiz. OR. trifft gesonderte Bestimmungen über den
„Fahrniskauf“ (Abschn. II a. 187—215) und „Grundstückskauf“ (Abschn. III
a. 216—221).
24 Kauf ist insbesondere das Einwechseln von ausländischem Geld gegen
inländisches Geld. Sonst ist das Geldwechseln Tausch.
25 Vgl. bes. R.Ger. LIX Nr. 70.
26 Über den Kauf „in Bausch und Bogen“, für den das Preufs. A.L.R. I,
11 § 83 ff. besondere Regeln aufstellt, vgl. Dernburg, B.R. § 169 V.