§ 192. Kauf.
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Verträge, so auf den Tausch übertragen3. Der Tausch nahm dem
Kaufe gegenüber keine Sonderstellung ein und teilte mit ihm alle
Fortschritte des Verkehrsrechtes.
Dagegen hielt das römische Recht, nachdem es frühzeitig
den Kauf zum Konsensualkontrakte erhoben hatte, den Tausch
auf der Stufe des Realkontraktes fest. In Deutschland konnte
diese grundsätzliche Unterscheidung nicht durchdringen4. Auch
der Tausch wurde zum Konsensualkontrakte. Doch blieben im
gemeinen Recht und zum Teil auch in den Partikularrechten ein
zelne Verschiedenheiten zwischen Kauf- und Tauschrecht anerkannt5
Im heutigen Recht sind sie verschwunden. Auf den Tausch
finden durchweg die Vorschriften über den Kauf entsprechende
Anwendung6. Jeder Teil hat daher die Verpflichtungen eines Ver
käufers und, soweit nicht das Fehlen eines Kaufpreises entgegen
steht, auch die eines Käufers ?.
II. Der Kauf als Schuldvertrag. Es kann keinem
Zweifel unterliegen, dafs in ältester Zeit jeder Kauf, wie jeder
Tausch, Bargeschäft war. So lange sich der rechtliche Gehalt
dieses Vorganges in der wechselseitigen Hingabe mit Übereignungs
absicht erschöpfte, war darin ein Schuldvertrag nicht enthalten.
Diese Stufe hatte das germanische Recht mindestens zur
Zeit der Volksrechte längst überschritten8. Allerdings erfolgte
der Austausch von Ware und Preis auch jetzt der Regel nach
Zug um Zug. Allein einerseits übernahm der Verkäufer eine
schuldrechtliche Verpflichtung, die dem Käufer übertragene Gewere
nicht anzufechten und Dritten gegenüber zu vertreten°. Mochte
ursprünglich die Gewährleistungspflicht des Verkäufers nur aus
deliktischen Gesichtspunkten hergeleitet worden sein, so gewann
3 v. Amira I 585 ff., II 720 ff.
4 Oben § 186 S. 344 Anm. 82.
6 Vgl. für das gem. R. (Eigentumsverschaffungspflicht beim Tausch, nicht
beim Kauf) Windscheid § 398. Preufs. A.L.R. I, 11 § 363—375. Code civ.
art. 1702—1707. Österr. Gb. § 1045—1052. Schweiz. O.R. § 273 (jetzt 238).
6 B.G.B. § 515. Ebenso schon Sächs. Gb. § 1138. — Hiernach sind auch
auf einen Tausch von Waren oder Wertpapieren, wenn er Handelsgeschäft ist,
die Vorschriften des H.G.B. über den Handelskauf anzuwenden. So schon für
das ältere Recht O.L.G. Marienwerder b. Seuff. Bd. 50 Nr. 258.
Der Tausch ist aber ein einheitliches Geschäft. Dies wird stempel
rechtlich wichtig; R.Ger. LVII Nr. 60, LXXIII Nr. 24. Verschieden vom Tausch
ist ein doppelseitiger Kauf mit Hingabe von Sachen an Zahlungsstatt.
8 Gegen die abweichende Meinung vgl. Schuld und Haftung S. 84 Anm. 16.
° Vgl. Schuld und Haftung S. 84 ff.; unten § 193 I S. 457 ff.
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