§ 191. Schenkung.
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Übernahme oder Erfüllung einer Schuld usw. kann geschenkt
werden.
Die Zuwendung kann jedoch auch durch ein blofses Schen
kungsversprechen erfolgen. Dann bildet die gewollte gegen
ständliche Vermögensverschiebung den Inhalt der schenkweise
versprochenen Leistung, kommt also erst durch die Erfüllung des
Schenkungsversprechens zustande. Allein schon das Schenkungs
versprechen ist Schenkung, weil es das Vermögen des Schenkers
mit einer Schuld belastet und dem Vermögen des Beschenkten
eine Forderung zuführt6
Dafs die Schenkung in jedem Falle Vertrag ist, wurde in
der gemeinrechtlichen Theorie bisweilen bestritten'. Die Behand
lung der Schenkung als Vertrag entspricht jedoch dem älteren
deutschen wie dem römischen Recht3, ist in die neueren Gesetz
bücher übergegangen° und wird im B.G.B. streng durchgeführt.
Somit finden auf jede Schenkung die allgemeinen Regeln über
Verträge Anwendung. Daraus ergibt sich namentlich, dass es zum
Zustandekommen jeder Schenkung ihrer Annahme durch den Be
schenkten bedarf*°. Niemand braucht sich ein Geschenk aufdrängen
zu lassen. Dies gilt auch, wenn eine in Schenkungsabsicht ge
machte Zuwendung ohne den Willen des Begünstigten wirksam
wird *. Der Begünstigte kann die Schenkung ablehnen und ist
dann grundlos bereichert, so dafs er das Zugewendete als un
gerechtfertigte Bereicherung herausgeben muss. Doch gilt nach
6 Doch ist die Erfüllungshandlung „noch“ Schenkung, da sie als „Voll
ziehung
der Schenkung“ den abschliefsenden Teil des Schenkungsvorganges
bildet.
Vgl. Neubecker a. a. O. S. 224. Darauf beruht auch B.G.B. § 14461
So von Meyerfeld § 6 und bes. von Savigny § 160. Neuerdings
wieder von Kohler I 551 ff.
Puchta, Inst. II § 205p; Unger I 195ff.; v. Vangerow I § 121;
Windscheid § 365 Anm. 5; Dernburg, Pand. II § 106.
Preufs. A.L.R. I, 11 § 1037, 1058. Code civ. art. 1105. Österr. Gb. § 338.
Neues Schweiz. O.R. a. 289—252 (das alte O.R. enthielt keine Bestimmungen
über die Schenkung). — Anders nur Sächs. Gb. § 1054.
10 Preufs. A.L.R. I, 11 § 1058—1062; Code civ. art. 1105; Schweiz. O.R.
a. 274; R.Ger. I Nr. 80, XXV Nr. 63, XXVI Nr. 5. — A. M. für den Fall eines
ohne Annahme zustande kommenden Vermögenserwerbes Savigny a. a. O.
und mit ihm Sächs. Gb. § 1054.
11 So z. B. die Befreiung von einer Schuld durch deren Erfüllung (B.G.B.
§ 362) oder Übernahme (§ 414) oder durch Vernichtung einer Schuldverschrei
bung auf Inhaber, die Befreiung von einer dinglichen Last durch Aufgeben
des Rechtes (§ 875), die Zuwendung einer Hypothek an den Eigentümer durch
Verzicht (§ 1168). Vgl. auch unten Anm. 14.
Binding, Handbuch. II. 3. III: Gierke, Deutsches Privatrecht. III.
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