§ 191. Schenkung.
415
§ 191. Schenkung!
I. Begriff. Das B.G.B. definiert: „Eine Zuwendung, durch
die Jemand aus seinem Vermögen einen Änderen bereichert, ist
Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dafs die Zu
wendung unentgeltlich erfolgt“ 2. Es beschränkt also einerseits
den Begriff der Schenkung auf gewisse Arten der unentgeltlichen
Zuwendung: eine Schenkung liegt nur vor, wenn eine Vermögens
verschiebung eintritt, die das Vermögen des einen Teils minderts
und das Vermögen des anderen Teils mehrt“. Es fordert anderer
1 Meyerfeld, Lehre von den Schenkungen I und II 1, 1835 u. 1837.
v. Savigny, System IV 1ff. Windscheid-Kipp § 365ff. Dernburg,
Pand. II § 106 ff. Bekker II § 102 ff. Burkhard, Die Stellung der Schen
kung im Rechtssystem, 1891; Zum Begriff der Schenkung, 1899. Ortloff,
Arch. f. b. R. XXI 269 ff. Haymann, Jahrb. f. D. LVI 86 ff. — Förster
Eccius II § 122. Dernburg, Preufs. P.R. II § 161 ff. — Krainz-Pfaff
Ehrenzweig I § 132 ff. — Zachariae-Crome IV 219 ff. — Schollmeyer,
Schuldv. § 3. Endemann I § 164 ff. Matthiafs § 112. Cosack“ § 139 ff.
Enneccerus I 2 § 343ff. Dernburg II 2 § 205ff. Crome II § 230 ff.
Komm. zu B.G.B. § 516 ff.
2 B.G.B. § 5161. Das B.G.B. schliefst sich hierbei an den in der älteren
gemeinrechtlichen Theorie zur Herrschaft gelangten und in die Gesetzbücher
übergegangenen Schenkungsbegriff an. Dass der Begriff der „donatio“ in den
römischen Quellen weiter ist und nur in Ansehung des Eintrittes der wich
tigsten besonderen Rechtsfolgen enger gefafst wird, hat für das heutige Schen
kungsrecht keine Bedeutung. Vgl. über den weiteren und engeren Schenkungs
begriff des röm. R. Burckhard, Begriff S. 7 ff.
3 Der Schenker muss ärmer werden. Keine Schenkung ist unentgeltliche
Dienstleistung; Cosack § 139 Anm. 6, Oertmann, Vorbem. 1 b ß vor 516;:
a. M. Dernburg § 205 Anm. 10, Staudinger, Bem. 3b zu § 516. Ebenso
wenig blosse Gebrauchsüberlassung. Auch nicht Unterlassung von Vermögens
erwerb, der der Verzicht auf ein zwar angefallenes, aber noch nicht endgültig
erworbenes (z. B. bedingtes) Recht und namentlich die Ausschlagung von Erb
schaft oder Vermächtnis gleichsteht; B.G.B. § 517, neues Schweiz. O.R. a. 2392
Endlich auch nicht die Erfüllung einer Schuld und somit auch nicht die Er
füllung einer unvollkommenen Verbindlichkeit; oben § 174 S. 42. Dagegen
wird dadurch, dafs mit einer Zuwendung eine sittliche oder soziale Pflicht er
füllt wird, der Begriff der Schenkung nicht (wie jetzt nach Schweiz. O.R. a. 239 3
ausgeschlossen, sondern nur modifiziert; unten V 2. Doch gilt nach B.G.B.
§ 1624 eine das rechte Mass nicht überschreitende Ausstattung des Kindes
durch Vater oder Mutter nicht als Schenkung, obschon hier auch nur eine
sittliche, keine rechtliche Verpflichtung anerkannt wird. Der wahre Grund
dieser in die Form einer Fiktion gekleideten Regel liegt in der familienrecht
lichen Zweckbestimmung der Ausstattung. Vgl. oben § 174 S. 48 Anm. 161.
4 Der Beschenkte muss reicher werden. Keine Schenkungen sind daher
Zuwendungen ideeller Art. Ebensowenig die „Spenden“, durch die Vermögens