§ 190. Arten der Schuldverträge.
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für die Ausgestaltung von Schuldverträgen, die unter keinen oder
gleichzeitig unter mehrere der gesetzlichen Typen fallen 13. Auch
sieht es selbst Schuldvertragsarten vor, bei denen die einzelnen
Typen zufolge einer Mischung ihrer Elemente ineinander über
gehen 14
Sucht man das Prinzip auf, das der Artenbildung des B.G.B.
zugrunde liegt, so findet man, dafs es an einem einheitlichen Ein
teilungsgrunde fehlt. Insbesondere durchkreuzen sich die aus ob
jektiver und die aus subjektiver Auffassung des Vertragszweckes
hergeleiteten Unterscheidungsmerkmale. Die Hauptrolle spielt die
Unterscheidung nach dem objektiven Erfolge, der durch die für
den Vertrag begriffswesentliche Leistung herbeigeführt werden soll.
Daneben aber greift zum Teil die Unterscheidung nach der sub
jektiven Parteiabsicht entgeltlicher oder unentgeltlicher Leistung
durch 15
Demgemäfs ergibt sich folgende Klassifikation der kau
salen Schuldverträge. Eine erste Gruppe bilden die Sach
leistungsverträge, deren Hauptzweck in der Verschaffung
eines Vermögensgegenstandes besteht. Sie zerfallen wieder in zwei
Untergruppen, je nachdem sie sich auf eine endgültige Vermögens
verschiebung durch Hingabe zum Behalten oder nur auf eine vor
übergehende Gebrauchsgewährung durch Überlassung mit der Ver
pflichtung zur Rückgabe richten. In der ersten Untergruppe tritt
den entgeltlichen Hingabeverträgen, die als Kauf oder Tausch er
scheinen, die durch die Absicht der unentgeltlichen Vermögens
zuwendung gekennzeichnete Schenkung gegenüber *6. In die zweite
Untergruppe gehören Miete und Pacht einerseits und Leihe anderer
seits, deren Unterscheidungsmerkmal gleichfalls in Entgeltlichkeit
oder Unentgeltlichkeit besteht; aufserdem aber das Darlehen, das
entgeltlich oder unentgeltlich sein kann"7. Die zweite grofse Gruppe
* Nach dem Prinzip der Vertragsfreiheit; oben § 177 II 1 S. 111.
14 Vgl. B.G.B. § 651, 675, 700.
15 Über den begrifflichen Unterschied der entgeltlichen und unentgeltlichen
Geschäfte vgl. bes. Oertmann, Entgeltliche Geschäfte, 1912. — R. Bartsch,
Die Uneigennützigkeit im Privatrecht, Wien 1910, S. 20 ff., will die Unter
scheidung entgeltlicher und unentgeltlicher Geschäfte durch die zwischen eigen
nützigen und uneigennützigen Geschäften ersetzen, um auch den Fällen des
uneigennützigen Nehmens gerecht zu werden. Bei der Bildung der Vertrags
typen im B.G.B. spielt dieser Gesichtspunkt keine Rolle.
16 Wir handeln zuerst in § 191 von der Schenkung, dann in § 192—195
von Kauf und Tausch.
1 Von diesen Verträgen handeln wir in § 196—198. — Der Verwahrungs-