§ 187. Bestärkungsmittel bei Schuldverträgen.
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der Ehrlosigkeit 13 und räumt insbesondere dem Gläubiger den
aufsergerichtlichen Zugriff auf seine verfallene Ehre, das Recht
der Ehrenschelte durch Wort und Bild ein 14. Solche Vereinbarungen
blieben auch nach der Rezeption in Gebrauch. Mehr und mehr
indes drang die Auffassung durch, dafs sie unwirksam seien. Be
schimpfungen auf Grund der Ehrenklausel wurden ausdrücklich
verboten 15. So erhielt sich zwar die Verpfändung der Ehre im
Leben und dauert bis heute in dem Versprechen unter Ehrenwort
fort. Allein die rechtliche Kraft des Versprechens wird durch das
Ehrenwort nicht mehr verstärkt 16. Immerhin ist die Verpfändung
der Ehre ein wirksames moralisches Bestärkungsmittel bei Schuld
verträgen geblieben. Denn der Bruch des Ehrenwortes mindert
die individuelle Ehre und zieht insbesondere in manchen Kreisen
den Verlust der Standesehre nach sich; er hat daher schwere
soziale und im Bereiche der Ehren- und Disziplinargerichtsbarkeit
auch rechtliche Folgen17. Darum tritt bei der Übervorteilung von
Minderjährigen und beim Kreditwucher verschärfte Strafe ein, wenn
der Gläubiger sich die Leistung unter Verpfändung der Ehre oder
auf Ehrenwort versprechen läfst ’8. Das Reichsgericht hat neuer
dings sogar den Standpunkt durchgeführt, dafs die Übernahme
einer Verpflichtung unter Verpfändung der Ehre zur Sicherung
materieller Interessen überhaupt gegen die guten Sitten verstofse,
und daraus die bedenkliche Folgerung gezogen, dass nicht blofs
die Ehrenwortsklausel, sondern der gänze sie enthaltende Vertrag
nichtig sei 19. Ausdrücklich bestimmt jetzt das H.G.B. § 74 a Abs. 2,
der Verfallklausel. Während beim einfachen Treugelöbnis der Gläubiger den
Schuldner nicht treulos schelten darf, bevor eine gerichtliche Mahnung er
folglos geblieben ist (vgl. Siegel S. 89 ff.), ist hier eine solche Mahnung nicht
erforderlich (zweifelnd Siegel S. 90).
1 Er will bei aller Welt als „ehrlos, rechtlos und meineidig“, als „infamis
et perjurus“ gelten.
Insbesondere will er dulden, dass er durch Schandgemälde und Spott
gedichte beschimpft, dass er öffentlich als Schelm berufen, daßs sein Name an
Galgen und Rad angeschlagen werde usw.
15 R.P.O. v. 1577 Tit. 35 § 7. Auch schon Nürnb. Ref. v. 1522 III § 6.
* Die Gesetzbücher erwähnen das Ehrenwort nicht; sie sehen es als
selbstverständlich an, daßs es ein an sich ungültiges oder klagloses Versprechen
nicht gültig oder klagbar macht.
1 Oben Bd. I 431 (insbesondere für Offiziere, Beamte, Studenten).
18 Str.G.B. § 302 u. 302b. Vgl. Öst. Ges. v. 28. Mai 1881 § 15.
19 R.Ger. LXXVIII Nr. 56, LXXXII Nr. 49; vgl. auch LXVIII Nr. 58, LXXIV
Nr. 93. — Abweichend R.O.H.G. b. Seuff. XXIX Nr. 17, R.Ger. ebd. LIII Nr. 145.