358 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
Seiner Wirkung nach ist der Vorvertrag ein eigenartige
Schuldvertrag. Er begründet ein Schuldverhältnis, dessen Inhalt
sich in der Verpflichtung zum Abschlufs eines Schuldvertrages er
schöpft. Die Leistung, die jeder Teil dem anderen Teil schuldet.
besteht in der gehörigen Mitwirkung zum Zustandekommen des
Hauptvertrages 149. Mit der Erfüllung durch den Abschlufs des
Hauptvertrages erlischt das Schuldverhältnis aus dem Vorvertrage.
§ 187. Bestärkungsmittel bei Schuldverträgen.
I. Überhaupt. Die Bestärkungsmittel bei Schuldverträgen
haben sich im deutschen Recht aus den Haftung begründenden
Rechtsgeschäften entwickelt. Denn seitdem mit der Schuld kraft
gesetzlicher Regel ein bestimmtes Mafs von Haftung verbunden
war, erschien die rechtsgeschäftliche Begründung einer besonderen
Haftung als Kraftsteigerung des Gläubigerrechts. Dies gilt sowohl
für die zu Nebenverträgen ausgebildeten wie für die in eine Ver
tragsform übergegangenen Haftungsgeschäfte. Insoweit freilich,
als die Haftung, die ohne Vereinbarung eingetreten wäre, nicht
gesteigert, sondern herabgemindert wurde, verkehrte sich, was sons
als Bestärkungsmittel diente, in ein Abschwächungsmittel1.
Die wichtigsten Bestärkungsmittel des heutigen Rechts sind
Bürgschaft und Pfandsetzung. Von ihnen ist an dieser
Stelle nicht zu handeln. Es ist hier nur darauf hinzuweisen, wie
die Haftungsübernahme für fremde Schuld zum blossen Bestär
kungsmittel wurde, sobald die Haftung des Schuldners für eigne
Veräufserungsvertrages verpflichten soll; R.Ger. XLVIII Nr. 31, LIII Nr. 60.
Desgleichen bei einem Vorvertrage, der zur Übernahme einer Bürgschaft ver
pflichten soll. Zweifelhaft dagegen ist die Entsch. des O.L.G. Kiel b. Seuff.
LVIII Nr. 93, wonach auch die Formvorschrift des § 566 für Vorverträge gelten
soll; diese Formvorschrift will doch wohl nur Beurkundung erzwingen, nicht
leichtsinnige Bindung verhüten.
149 Jeder Teil hat gegen den anderen Teil einen klagbaren Anspruch auf
Vornahme der erforderlichen Handlungen, wie z. B. beim Darlehnsvorvertrage auf
Hingabe und Abnahme des Geldes, beim Wechselvertrage auf Geben und
Nehmen des Wechsels, und auf Abgabe der erforderlichen Willenserklärungen.
Das Urteil trägt insoweit, als es sich nur um die Abgabe einer Willenserklärung
handelt, die Vollstreckung in sich (Z.Pr.O. § 894); im übrigen gelten die Regeln
über die Vollstreckung zur Erwirkung einer persönlich vorzunehmenden Hand
lung (Z.Pr.O. § 888).
1 Von der Geschichte der einzelnen Haftungsgeschäfte ist oben § 174 S. 15 ff.
und § 186 I S. 327 ff. gehandelt. Über das Verhältnis zwischen rechtsgeschäft
licher Verschärfung und Abschwächung der Haftung vgl. Sch. u. H. S. 72 ff.,
209 ff., 247, 253 ff., 334 ff., 357 ff., 372.