186. Form der Schuldverträge.
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Eigentum an dem hergestellten Werk oder auf das von dem Be
werber erlangte Urheber- oder Erfinderrecht hat der Auslobende
im Zweifel nicht 61.
§ 186. Form der Schuldverträge.
I. Älteres deutsches Recht'. Früher wurde allgemein
gelehrt, dafs im deutschen Recht zur Gültigkeit eines Schuld
vertrages eine Form nicht erforderlich gewesen sei2. In neuerer
Zeit dagegen gelangte die Ansicht zur Herrschaft, dafs das deutsche
Recht zur Gültigkeit des Schuldvertrages entweder eine bestimmte
Form oder die von einer Seite bereits erfolgte Erfüllung verlangt
und somit nur „Formalverträge“ und „Realverträge“ gekannt habe 3
Mit der Aufdeckung der scharfen Unterscheidung zwischen Schuld
und Haftung hat sich die Streitfrage verschoben. Denn es hat
sich herausgestellt, dafs die ältesten Vertragsformen nicht auf
Schuldbegründung, sondern auf Haftungsbegründung abzielten
61 B.G.B. § 6614. Ebenso Preufs. L.R. I, 11 § 995. Das Gesetz spricht
nur vom „Eigentum“. Es ist aber selbstverständlich, daßs der Auslobende
erst recht die Übertragung des Urheber- oder Erfinderrechts nicht verlangen
kann, wenn er sie sich nicht ausbedungen hat.
1 Vgl. die oben § 173 S. 1 Anm. 1 u. § 174 S. 8 Anm. 1 angef. Schriften.
2 Diese Lehre begegnet schon seit dem 17. Jahrh. bei vielen gemein
rechtlichen Juristen, die sich für die Klagbarkeit formfreier Verträge auf alt
germanisches Recht beriefen, das sich dem römischen Recht gegenüber be
hauptet habe. So Carpzov Defin. for. II c. 19 d. 17 Nr. 8; Mevius V dec. 407;
Schilter Exerc. VIII § 2; Schriftsteller des 18. Jahrh. b. L. Seuffert, Zur
Geschichte der obligatorischen Verträge, Nördlingen 1881, S. 140. Allgemein
wurde sie in den Lehrbüchern des deutschen Privatrechts vorgetragen; vgl.
z. B. Runde § 184, Eichhorn § 91, Mittermaier II § 271, auch noch
Gengler“ § 113 (vgl. indes § 111). Eingehend begründete sie Stobbe, Ver
tragsrecht (1855) S. 3 ff. Vgl. auch Witte, Z. f. R.G. VI 457 ff.; R. Loening,
Vertragsbruch S. 22 ff. — In Zweifel zog sie zuerst Beseler, Erbv. II,
S. 38 ff., 42 ff., vgl. D.P.R.- § 107; doch brach er nicht mit dem Prinzip, sondern
schränkte nur dessen Tragweite ein.
3 Diese Lehre hat in voller Schärfe zuerst Sohm, Das Recht der Ehe
schliefsung (1875) S. 24 ff., entwickelt. Unabhängig von ihm gelangte Stobbe
unter Zurücknahme seiner früheren Ansicht zu dem gleichen Ergebnis; Reu
recht u. Vertragsschluss, 1876, auch in Z. f. R.G. XIII 209 ff.; D.P.R. III § 165.
Übereinstimmend Franken, Französ. Pfandr. 1 43 ff.; Brunner, Z. f. H.R.
XXII 553 (Forsch. S. 630); v. Amira, Recht2 136 ff.; Hübner, Grundz.
S. 478ff. Ferner Heusler II 228ff. u. Schröder, R.G.5 S. 300 ff., die aber
in der germanischen Urzeit überhaupt nur Barverträge anerkennen, dann den
Formalvertrag entstehen lassen und im Realvertrag erst eine jüngere Bildung
erblicken. Ähnlich Cosack b. Gerber17 § 188, H. Lehmann b. Stobbe III8 § 210.
Dies hat zuerst Puntschart, Schuldv. S. 394 ff., klargestellt. Aus¬