Erstes Kapitel. Schuldverhältnisse überhaupt.
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III. Schuldmitübernahme. Eine Schuldmitübernahme
(kumulative oder verstärkende Schuldübernahme) liegt vor, wenn
ein neuer Schuldner die Schuld auf sich nimmt, ohne dafs der alte
Schuldner ausscheidet 6s
1. Zustandekommen. Gleich der Schuldübernahme er
folgt die Schuldmitübernahme durch abstrakten dinglichen Vertrag
Die Willenseinigung richtet sich hier darauf, dafs der Übernehmer
in das bestehende Schuldverhältnis als Mitschuldner eintreten, so
mit die Schuld als dieselbe Schuld sich vervielfältigen und sowohl
bei dem alten Schuldner verbleiben, wie auf den neuen Schuldner
übergehen soll. Ein Vertrag mit solchem Inhalte ist in seinem
Kern dem befreienden Schuldübernahmevertrage wesensgleich. Auch
er ist unabhängig von seinem Rechtsgrunde wirksam 64.
Auch er
zieht als Folge des Eintrittes des Übernehmers in das Schuld
verhältnis eine Verpflichtung desselben gegen den Gläubiger nach
sich, ist aber, da er Schuld nicht begründen, sondern vergemein
schaften will, an sich nicht Verpflichtungsgeschäft, sondern Ver
fügungsgeschäft 65. Auch er bedarf keiner besonderen Form. Ins
besondere ist die Erklärung der Schuldmitübernahme an die für
das Bürgschaftsversprechen und das abstrakte Schuldversprechen
Rechtsgrundes zur Bedingung des Schuldüberganges gemacht (oben S. 219
Anm. 30, S. 224 Anm. 49), so kann sich der Übernehmer darauf gemäss dem
in der vor. Anm. Gesagten nach Bedingungsrecht berufen.
6s Vgl. oben S. 211 Anm. 4. Die kumulative Schuldübernahme wurde frühe
allgemein als eine Art der Schuldübernahme betrachtet und ist auch heute
demselben Gattungsbegriff zu unterstellen. Vgl. Hellwig, Vertr. S. 176 ff., Rechts
kraft S. 314; Dernburg § 155 (156) I u. III; Oertmann Vorbem. 2; Reichel
S. 3 ff.; Schuldn. u. Haft. S. 38, 49 ff.; auch R.Ger. LIX Nr. 66, LXIV Nr. 79
Gruchot L 947, Seuff. LXIII Nr. 219. Sie wird am besten mit Reichel als
„Schuldmitübernahme“ bezeichnet; Schuldn. u. Haft. S. 38 Anm. 2. Gegen die
Subsumtion unter den Gattungsbegriff der Schuldübernahme erklären sich
Westerkamp S. 17 ff., Enneccerus § 308 III 2, Siber, Vorbem. 2a, die
deshalb den von Westerkamp vorgeschlagenen Namen „Schuldbeitritt“
vorziehen.
64 Es gilt das oben S. 218 ff. Anm. 29—30 Gesagte. Demgemäss kann auch hier
die Wirksamkeit kausal bedingt werden; Schuldn. u. Haft. S. 58 Anm. 5. Auch
hier kann die mitübernommene Schuld selbst kausal oder abstrakt sein und
bleibt dies nach der Mitübernahme. Und auch hier ist es möglich, dem Kausal
verhältnis in Bedingungsform Wirksamkeit zu verschaffen. (Willkürlich jedoch
ist die vom R.Ger. XXXIII Nr. 39 S. 192 u. 193 aufgestellte Vermutung gegen
die abstrakte Wirkung.)
66 Oben S. 218 Anm. 27—28; Siber b. Planck4 Vorbem. 2a S. 595. A. M.
Plancks Vorbem. 2a, Endemann § 153 Anm. 3, Crome § 202, 1, Scholl
meyer, Vorbem. 3, auch wohl Kipp zu Windscheid § 338 Zus. 3.