§ 179. Beendigung der Schuldverhältnisse.
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die Quittung im Verkehr vielfach bewahrt33 Auch heute wird
daher durch das Geben und Nehmen der Quittung oft ein selb
ständiger Erfüllungsvertrag geschlossen34. Darüber hinaus wird
die Quittung nicht selten benutzt, um einen negativen Anerkennungs
vertrag oder einen Erlafsvertrag zum Abschluss zu bringen 35
Ob
der Quittung eine derartige konstitutive Kraft beizumessen
ist.
läfst sich nur nach den Umständen des einzelnen Falles im Wege
der Willensauslegung ermitteln 3e. Eine weitere rechtliche Funktion
hat auf Grund des deutschen Rechtes die Quittung dadurch ge
wonnen, dals im Verkehr die im voraus ausgestellte Quittung als
Legitimationspapier verwendet wird und demgemäfs ihr Überbringer
als ermächtigt gilt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die
dem Leistenden bekannten Umstände der Annahme einer solchen
Ermächtigung entgegenstehen 3?
Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt, so hat
der Schuldner aufserdem nach altem und neuem deutschem Recht
ein Gegenrecht auf Rückgabe des Schuldscheins38.
Auch
33 Hierüber besteht Einigkeit; Behrend S. 74 ff.; Dryander S. 34 ff.;
Stobbe-Lehmann III 195; Dernburg § 115 VIII. — Unhaltbar dagegen
ist die seit der Schrift von O. Bähr, Die Anerkennung als Verpflichtungs
grund, 1855 (3. Aufl. 1894 S. 225), vielfach verteidigte, auch für das heutige
Recht von Dilloo a. a. O. S. 80 ff., Endemannn § 141 Z. 3, Collatz, Jahrb.
f. Dogm. XL 135 ff., Lacmann a. a. O. S. 71 ff., festgehaltene Meinung, dafs
die Quittung auch heute stets und ihrem Wesen nach ein dispositiver Akt.
eine Schuldtilgungserklärung oder ein bindendes Anerkenntnis des Nicht
bestandes der Schuld sei. Auf eine derartige Willenserklärung des Gläubigers
hat der Schuldner keinen Anspruch. Auch die Ansicht von Planck3, Bem. 5e
zu § 368, dafs durch Geben und Nehmen der Quittung mindestens ein Beweis
vertrag geschlossen werde, ist unannehmbar (dagegen auch Siber in 4. Aufl
Bem. 5). Ebenso die von Enneccerus § 297 III 3b an die Stelle gesetzte
Annahme eines bedingten pactum de non petendo.
34 Diesen Charakter hatte regelmässig im Mittelalter die mit Empfangs
bekenntnis verbundene Quittung. Auch heute aber liegt ein Erfüllungsvertrag
vor, wenn das Empfangsbekenntnis ernst gemeint, zugleich aber die Abgabe
einer Entlafserklärung gewollt ist.
36 In diesen Fällen ist das Empfangsbekenntnis nicht ernst gemeint.
36 Vgl. Behrend S. 86; Dernburg § 115 VIII; Planck4 Bem. 5.
Über Generalquittung Behrend S. 87 ff.; über Decharge ebd. S. 88 ff.
37 B.G.B. § 370. So schon im deutschen Mittelalter; Behrend S. 35.
In beschränkterem Umfange nach Preufs. A.L.R. I, 13 § 130, jedoch allgemein
im Handelsverkehr nach Preufs. A.L.R. II, 8 § 550 und A.D.H.G. Art. 296.
Vgl. Behrend S. 94 ff.; Keyszner, Der Quittungsträger, Festg. f. Koch, 1903,
S. 139 ff.
38 So schon in fränkischer Zeit; vgl. Brunner, Grundz.6 S. 209, und
über die Sitte, die Verpflichtung zur Rückgabe ausdrücklich in den Text der