Erstes Kapitel. Schuldverhältnisse überhaupt.
oder wenn die Bestimmung der Leistung einem Dritten über
lassen ist 35
4. Mancherlei rechtliche Folgen knüpfen sich ferner an den
Unterschied von Hauptleistungen und Nebenleistungenst
Werden aufser einer Hauptleistung Nebenleistungen geschuldet,
so besteht ein zusammengesetztes Schuldverhältnis, aus dem für
den Schuldner Haupt- und Nebenverpflichtungen, für den Gläubiger
Haupt- und Nebenforderungen entspringen37. Die Nebenschuld
kann nicht ohne die Hauptschuld entstehen, wird inhaltlich durch
sie bestimmt und bleibt in gewissem Umfange von ihr abhängig
allein sie ist zugleich ein Schuldverhältnis für sich, hat ihren
eigenen Inhalt und kann, einmal entstanden, besonderen recht
lichen Schicksalen unterliegen 39
Nebenleistungen sind namentlich die Zinsen. Zinsen sind
wlederkehrende, nach Quoten (meist Prozenten) des Betrages einer
Hauptleistung (des „Kapitals“) bemessene, der Hauptleistung gleich
artige Leistungen, die während des Bestandes der Hauptschuld
Belieben eines Teiles abhängig gemacht ist; dann kann eine Bestimmung nach
Treu und Glauben verlangt werden. So ist schon Sachsensp. I 22 § 2 zu ver
stehen, wo es hinsichtlich der Lohnforderung von Gesinde, das auf Gnade ge
dient hat, gegen den Erben heifst: sve uppe gnade gedenet hevet, die mut den
erven gnaden manen. Ist die Bestimmung in die Willkür eines Teiles gestellt,
so entsteht kein Schuldverhältnis.
35 B.G.B. § 317—319. Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber
einem der Beteiligten. Im Zweifel ist auch hier anzunehmen, dass die Be
stimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist; dann ist eine offenbar un
billige Bestimmung unverbindlich; ist dies der Fall oder kann oder will der
Dritte die Bestimmung nicht treffen, so erfolgt die Bestimmung durch Urteil.
Dagegen wird, wenn die Bestimmung in das freie Belieben des Dritten gestellt
ist, der Vertrag hinfällig, falls der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann
oder will oder sie verzögert. Auch die in das freie Belieben gestellte Bestim
mung darf nur nach Treu und Glauben erfolgen. Ein Vertrag, der die Be
stimmung der reinen Willkür eines Dritten überliefse, wäre nach § 138 nichtig.
se Vgl. über „Nebenleistungen“ B.G.B. § 224, 507, 1115, 1145, 1158, 1159
1178, 1191, 1194, 1813, Zw.V.G. § 12; „Hauptleistung“ als Gegensatz dazu in
B.G.B. § 367, 396.
37 Von dem „Hauptanspruch“ und den Ansprüchen auf Nebenleistungen
redet z. B. B.G.B. § 224, Zw.V.G. § 12; von der „Hauptforderung“ B.G.B. § 803;
von „Nebenforderungen“ Z.Pr.O. § 4.
38 Vgl. B.G.B. § 224; Zw.V.G. § 12; Konk.O. § 62.
39 Sie kann für sich erlöschen, aber auch nach dem Erlöschen der Haupt
forderung fortbestehen; sie ist für sich übertragbar, belastbar und pfändbar.
Über die Steigerung ihrer Selbständigkeit durch Verkörperung in einem Neben
papier vgl. oben Bd. II 130 ff., 160 ff., 170, 186, 1017. Über Nebenleistungen
bei der dinglichen Schuld ebd. S. 860, 869, 875, 895.