§ 218. Ungerechtfertigte Bereicherung.
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VII. Bereicherungsanspruch wegen verwerflichen
Empfanges. Dieser Anspruch setzt voraus, dafs gemäls der
Zweckbestimmung einer Leistung der Empfänger durch ihre An
nahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten
verstolsen hat 37. Der verwerfliche Zweck kann in der Zukunft
oder in der Vergangenheit liegen 88.
1. Der Bereicherungsanspruch steht dem Leistenden gegen
den Empfänger zu und richtet sich auf Herausgabe dessen,
was der Empfänger auf Kosten des Leistenden erlangt hat. Gleich
jedem Bereicherungsanspruch setzt er eine Vermögensverschiebung
voraus und tritt daher insoweit nicht ein, als infolge der Nichtig
keit des Leistungsgeschäftes ein Rechtsübergang nicht stattge
funden hat3°. Doch kann er auch in diesem Falle in Ansehung
eines trotz der Nichtigkeit des Leistungsgeschäftes erlangten
Vorteils begründet sein °°. Vor allem aber aber gewährt er Ab
an einen durch den Besitz eines Wertpapiers (Inhaberpapiers nach B.G.B.
§ 793 Abs. 1 S. 2, Rektapapiers mit der Legitimationsklausel nach B.G.B.
§ 808, formgerecht abgetretenen Hypothekenbriefs nach B.G.B. § 1155, gehörig
indossierten Orderpapiers nach W. O. a. 36 u. H.G.B. § 365) legitimierten
Nichtgläubigers (oben Bd. II 139, 154, 172, 893); bei der nach B.G.B. § 851 wirk
samen Schadensersatzleistung an den Sachbesitzer (oben § 215 S. 960 Anm. 54);
vgl. auch B.G.B. § 969 (oben Bd. II 535).
87 B.G.B. § 817 S. 1. Damit sind die gemeinrechtliche condictio ob in
justam und ob turpem causam, deren Verhältnis zueinander sehr bestritten
war, verschmolzen. — Ähnlich das französ. R. auf Grund des Code civ. a. 1131
u. 1133 (Zachariae-Crome § 412a III); das Öst. R. gemäss G.B. § 1174
(Krainz-Pfaff-Ehrenzweig § 415); das Sächs. Gb. § 1551 ff. Dagegen ge
währte das Preufs. L.R. I, 16 § 205—212 regelmässig nur dem Fiskus ein
Rückforderungsrecht (Ausnahmen in § 207 u. 212). Das Schweiz. O.R. a. 66 (75)
versagt überhaupt jede Rückforderung.
88 So gehört hierher die Annahme einer Leistung, die den Empfänger
zur Vornahme einer rechts- oder sittenwidrigen Handlung bestimmen oder für
eine solche belohnen soll, aber auch die Annahme einer Bezahlung für pflicht
mässiges Handeln oder Unterlassen. Je nach den Umständen auch die An
nahme von Schweigegeld (R.Ger. LVIII Nr. 52, dazu jedoch Seuff. LVIII Nr. 94,
LIX Nr. 102). Ferner die Annahme einer durch Betrug oder durch Drohung
erwirkten Leistung; R.Ger. X Nr. 51.
89 Ist das Leistungsgeschäft selbst nach § 134 oder 138 B.G.B. nichtig
und hat es daher an der dinglichen Rechtslage nichts geändert oder ein
Schuldverhältnis nicht begründet, so ist, wie oben gezeigt ist, ein Anspruch
auf Rückübereignung, Rechtswiederherstellung, Schuldbefreiung usw. un
denkbar. Insoweit ist also § 817 unanwendbar. Darum kann auch dem, der
in solchem Falle das Gegebene zurückverlangt, z. B. die hingegebene Sache
vindiziert oder Wiedereinsetzung in sein Recht fordert, nicht die durch die
Leistung betätigte eigne Unsittlichkeit entgegengehalten werden.