Full text: Deutsches Privatrecht (3)

992 Viertes Kapitel. Schuldverhältnisse aus sozialen Zusammenhängen, 
Der Hauptanspruch, um dessen willen er die Vorlegung verlangt. 
kann dinglich oder persönlich sein, braucht auch nicht die Sache 
selbst zu betreffen, sondern nur von deren Existenz oder Be 
schaffenheit abzuhängen. Aufserdem ist stets erforderlich, daßs 
aus diesem Grunde die Besichtigung für ihn ein Interesse hat. 
Die geschuldete Leistung besteht in der Vorlegung der Sache zur 
Besichtigung oder in der Gestattung ihrer Besichtigung. Leistungs 
ort ist der Ort, an dem sich die Sache befindet; doch kann aus 
einem wichtigen Grunde jeder Teil die Vorlegung an einem andern 
Orte verlangen. Die Gefahr und die Kosten der Vorlegung trägt 
der Berechtigte; der Verpflichtete kann die Vorlegung verweigern, 
bis ihm der Berechtigte die Kosten vorschiefst und wegen der Gefahr 
Sicherheit leistet. 
III. Vorlegung von Urkunden insbesondere. Die 
allgemeinen Vorschriften über Vorlegung von Sachen gelten auch 
für Urkunden'. Das B.G.B. erweitert aber die Vorlegungspflicht 
von Urkunden durch eine Sondervorschrift8. Wer ein rechtliches 
Interesse daran hat, die in fremdem Besitz befindliche Urkunde 
einzusehen, kann vom Besitzer die Gestattung der Einsicht ver 
langen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet ist oder 
ein zwischen ihm und einem Änderen bestehendes Rechtsverhältnis 
bekundet oder Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die 
zwischen ihm und einem Änderen oder zwischen einem von ihnen 
und einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind 
7 Ihre Vorlegung kann daher auf Grund von § 809 auch verlangt werden, 
wenn die Voraussetzungen des § 810 nicht vorliegen. So z. B., wenn der 
Kläger die Einsicht verlangt, um sich von dem Dasein eines Urheberrechts 
zu überzeugen, kraft dessen er dem Besitzer die Benutzung verbieten will; 
R.Ger. LXIX Nr. 92 S. 401. 
8 B.G.B. § 810. Vorher war, während im übrigen das Landesrecht ent 
schied (vgl. gem. R. b. Windscheid § 474 Anm. 21, R.Ger. XXXII Nr. 46, 
Sächs. Gb. § 1566), eine reichsrechtliche Bestimmung über die materiellrecht 
liche Vorlegungspflicht „gemeinschaftlicher“ Urkunden in der Z.P.O. § 387 ge 
troffen. Jetzt verweist die Z.P.O. § 422 in dieser Hinsicht auf das bürgerliche 
Recht. Doch bleibt der selbständige, mit besonderer Klage verfolgbare materiell 
rechtliche Vorlegungsanspruch von dem prozessualen Anspruch auf Urkunden 
vorlegung zu Beweiszwecken verschieden; vgl. Siegel a. a. O. S. 111 ff. Von 
der Vorlegung im Laufe eines Rechtsstreites handelt Z.P.O. § 420 ff.; nur für 
sie gelten auch bei Handelsbüchern besondere Regeln nach H.G.B. § 45—47. 
9 Im Gegensatz zu § 809 ist also ein dem Vorlegungsgläubiger zustehender 
Anspruch in Ansehung der Urkunde nicht erforderlich, und wenn ihm ein 
solcher Anspruch zusteht, braucht dieser sich nicht gegen den Besitzer zu richten. 
Dagegen muss der Vorlegungsgläubiger ein „rechtliches“, also ein seine recht¬
	        
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