Full text: Deutsches Privatrecht (3)

924 Drittes Kapitel. Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen. 
auf Grund deutschrechtlicher Anschauungen vielfach eine weiter 
gehende Haftung des Hausherrn für Hausangehörige, die nament 
lich in den partikulären Gesindeordnungen fixiert wurde. Von 
den grofsen Gesetzbüchern kehrte das französische im wesent 
lichen zum deutschrechtlichen Prinzip zurück 12, während die üb 
rigen ihm nur einzelne Zugeständnisse machten. So auch das 
B.G.B. Dagegen hat auf sonderrechtlichen Gebieten im modernen 
Recht die Verantwortlichkeit für widerrechtliche Schadenszufügung 
durch Andere sich wieder in weiterem Umfange durchgesetzt. 
Soweit eine solche Verantwortlichkeit heute besteht, ist ihr 
Rechtsgrund kaum einheitlich zu bestimmen. Dem individua 
listischen Zuge der neueren Gesetzgebung widerstrebt ihre Her 
leitung aus personenrechtlicher Verbundenheit 13. Sie will nur 
eignes Tun oder Unterlassen als Haftungsgrund gelten lassen, sucht 
daher die deliktische Haftung von Haus- oder Geschäftsherrn für 
abhängige Personen auf eine individuelle mittelbare Verursachung 
oder Mitverursachung des Schadens zurückzuführen. Indessen 
reicht zur Erklärung der erweiterten Unternehmerhaftung bei be 
stimmten Betrieben dieser Gesichtspunkt nicht aus. Hier wird 
vielmehr der Gedanke wirksam, dass der Unternehmer als Haupt 
eines herrschaftlich organisierten Verbandes für die im Betriebe 
tätigen Verbandsangehörigen einstehen muss, weil die Schadens 
verursachung von diesem Verbande als einem einheitlichen Ganzen 
ausgeht 14. Nur aus einer eigenartigen Erneuerung der genossen 
schaftlichen Gesamthaftung andererseits läfst sich die Haftung der 
Gemeinden für Aufruhrschaden erklären 15. 
II. Hausherrschaftliche Haftung. Die deutschrecht 
liche Haftung des Hausherrn für Hausangehörige ist in manchen 
neueren Gesetzbüchern die erkennbare Grundlage von Bestimmungen 
geblieben, die eine Verantwortlichkeit für Andere vorsehen. Deut 
abgeschwächt ins Preufs. L.R. I, 6 § 66 über. Entw. I § 729—733 wollte sie, 
jedoch unter Zulassung eines Entschuldigungsbeweises, aufnehmen; vgl. meine 
Schrift über den Entw. S. 270. Im B.G.B .ist sie gestrichen. 
12 Code civ. a. 1384, der für unerlaubte Handlungen wie Vertragsver 
letzungen gilt (oben § 178 S. 122 Anm. 20). 
13 Anders im Völkerrecht! Hier hat sich die deliktische Haftung Aller 
für Einen und Eines für Allen in gewaltiger Kraft erhalten und gerade im 
gegenwärtigen Kriege furchtbare Konsequenzen gezeitigt, die vielfach über 
alles bisher für zulässig Gehaltene hinausgehen und an die Urzeiten erinnern. 
14 Vgl. Genossenschaftsth. S. 803 ff. Diese Haftung nähert sich also der 
deliktischen Körperschaftshaftung an. 
15 Vgl. unten zu IV S. 932 ff.
	        
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