§ 213. Haftung für Andere.
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genommenen Gastes6. Eine Erweiterung der hausherrlichen Haf
tung war die in verschiedenen Anwendungsfällen anerkannte
Haftung des Geschäftsherrn für seine Leute'. Andererseits be
gegnet auch eine Haftung des Untergebenen für den Herrn8
Nach der Rezeption drang im gemeinen Recht die römisch
rechtliche Auffassung durch, nach der die deliktische Haftung
eignes Verschulden voraussetzt und daher durch fremdes Handeln
nur dann begründet werden kann, wenn eignes schuldhaftes Handeln
bei dem schädlichen Erfolge mitgewirkt hat. Doch liefs in ver
einzelten Fällen auch das rezipierte römische Recht eine von eignem
Verschulden unabhängige Haftung für fremdes Verschulden als
„obligatio quasi ex delicto“ eintreten°. Es gewährte gegen Schiffer,
Gast- und Stallwirte die actio furti wegen Entwendung und die
aquilische Klage wegen Beschädigung eingebrachter Sachen durch
ihre Leute*. Und es verpflichtete den Inhaber einer Wohnung
zum Ersatz des durch Hinauswerfen oder Hinausgiessen auf einen
besuchten Ort verursachten Schadens*1. In der Praxis erhielt sich
und Liten. Brunner 12 S. 146 u. 148, His S. 46. Die späteren Quellen regeln
besonders die Haftung für freies Gesinde; oben § 200 S. 660 Anm. 90, dazu
Hammer a. a. O. S. 81 ff., His S. 50 ff., Stobbe-Lehmann § 264 II 1.
Für den Zusammenhang mit der Hausgemeinschaft spricht der mehrfach be
zeugte Satz, dass der Hausherr sich durch sofortige Entlassung des Gesindes
befreien kann, dieses Recht aber verliert, wenn er dem Schuldigen, nachdem
er seine Tat erfahren hat, weiter Wohnung und Obdach gewährt; Schuld und
Haftung S. 17 Anm. 17. Derselbe Satz begegnet auch bei Hauskindern; ebd.
Vgl. dazu ebd. S. 103. — Der Sachsensp. II, 32 § 1 u. die Gosl. Stat. S. 46
Z. 33 ff. erkennen eine Haftung für freies Gesinde nicht mehr an. Dagegen
beruhen die Ausführungen des Sachsensp. II, 72 über die Haftung des Burg
herrn für die Burgmannen und deren Begrenzung ganz auf dem alten Rechts
prinzip.
6 Brunner 12 S. 399 ff., His S. 51, Stobbe-Lehmann a. a. O. Anm. 9.
7 Stobbe-Lehmann § 264 II 3.
8 Genossenschaftsr. II 389 ff., Schuld u. Haftung S. 17 ff.
Inst. Just. 4, 5. — Die Noxalklagen gegen den Herrn eines schuldigen
Sklaven (Dig. 9, 4) konnten in Deutschland nicht aufgenommen werden, die
gegen den pater familias waren schon im Justinianischen Recht beseitigt.
1° Dig. 47, 5; Wäntig, Über die Haftung für fremde unerlaubte Hand
lungen, 1875, S. 51 ff., Windscheid § 454 Anm. 21—22, § 457 Anm. 5. Schon
im gemeinen Recht, jedenfalls aber in den Gesetzbüchern verlor die besondere
deliktische Haftung dieser Personen ihre Bedeutung; die heutige strenge
Haftung der Gastwirte knüpft an das receptum an und ist Vertragshaftung
oben § 204 VI S. 746 ff.
11 Dig. 9, 3; Wäntig a. a. O. S. 61 ff.; Windscheid § 457, 1. Die
römische Bestimmung wurde (jedoch ohne den Strafzusatz) gemeines Recht
und ging auch ins Bad. L.R. a. 1384 a, Öst. Gb. § 1318, Sächs. Gb. § 1554—1559,