Full text: Deutsches Privatrecht (3)

922 Drittes Kapitel. Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen. 
§ 213. Haftung für Andere. 
I. Überhaupt. Soweit im heutigen Recht eine Verantwort 
lichkeit für unerlaubtes Handeln anderer Personen anerkannt ist. 
entstammt sie im wesentlichen deutschrechtlichen Keimen. 
Das ältere deutsche Recht liefs in erheblichem Umfange 
eine deliktische Haftung für widerrechtliche Schadenszufügung durch 
Andere eintreten. Im Laufe des Mittelalters sind manche dieser 
Haftungen verschwunden, andere abgeschwächt. Soweit sie aber 
fortbestanden, blieb der gemeinsame Grundgedanke lebendig, dem 
sie entsprungen waren. Der Haftungsgrund war überall eine 
personenrechtliche Verbundenheit, die dem Angehörigen 
einer Gemeinschaft eine Verantwortlichkeit für die von einem 
Gemeinschaftsangehörigen ausgehende Schädigung Dritter auf 
erlegte. In genossenschaftsrechtlicher Verbundenheit wurzelte die 
uralte deliktische Mithaftung der Sippegenossenschaft für den von 
einem Sippegenossen gegen eine fremde Sippe begangenen Friedens 
bruch *, aber auch die in mancherlei Gestalt bei Gemeinden und 
Gilden durchgeführte deliktische Gesamthaftung2. Auf herrschafts 
rechtlicher Verbundenheit beruhte die Haftung des Hausherrn für 
die Missetaten der Angehörigen der von ihm beherrschten und 
vertretenen Hausgemeinschaft, insbesondere der Hauskinder3, der 
Unfreien 4, der hörigen oder freien Diener3 und des ins Haus auf 
1 Schuld und Haftung S. 14 ff. und 102 ff. mit weiteren Nachweisen. Weil 
Haftungsgrund der Sippeverband war, konnte die Sippe sich durch Ausstofsung 
des Schuldigen vor Aufnahme der Fehde befreien; ebd. S. 15 Anm. 8. 
2 Genossenschaftsr. I 73 Anm. 43, II 386 ff. 
3 Brunner, R.G. 12 92, 102; His, Fries. Strafr. S. 49 ff., Hammer a. 
a. O. S. 80 ff. — Nord. R. bei v. Amira I § 58, II § 47. 
4 In den Volksrechten ist besonders eingehend die Haftung für Unfreie 
geregelt; vgl. Wilda, Strafr. 555, 652 ff., Brunner 12 141, 216 ff., II 551 ff., 
A. B. Schmidt a. a. O. S. 43 ff., His a. a. O. S. 46 ff., Stobbe-Lehmann 
§ 264 I; nord. R. bei v. Amira I § 57, II § 57. Sie erscheint ursprünglich 
als Haftung für Sachen aus Gewere, mehr und mehr aber als Haftung für 
Personen aus Hausherrschaft. Dies zeigt sich in der scharfen Unterscheidung 
der Haftung des Herrn aus eigner Tat, wenn der Knecht nur als sein Werk 
zeug handelte, und seiner Haftung für fremde Schuld, wenn der Knecht selb 
ständig delinquierte (Schuld und Haftung S. 16 Anm. 12); in der bei vorüber 
gehender Überlassung in eine andere Hausgemeinschaft eintretenden Haftung 
des nunmehrigen Hausherrn (l. Rib. 72, 4); in der völligen oder doch teilweisen 
Enthaftung des Herrn durch sofortige Auslieferung des Schuldigen (Schuld und 
Haftung S. 16 ff. Anm. 13—16), die aber ausgeschlossen ist, wenn er ihn nach 
erlangter Kenntnis von der Tat im Hause behält (l. Sax. 58). 
Schon die Volksrechte erwähnen eine Haftung für Freigelassene, Aldien
	        
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