§ 212. Verantwortlichkeit für eignes widerrechtliches Verhalten. 905
§ 212. Verantwortlichkeit für eignes widerrecht
liches Verhalten.
I. Verursachung und Verschulden. Nach älterem
deutschem Recht genügte, wie schon erwähnt ist, zur Begründung
der Verantwortlichkeit für widerrechtliche Schadenszufügung die
Verursachung des Schadens'. Die Unterscheidung zwischen
strafrechtlichen und privatrechtlichen Folgen einer Rechtsverletzung
entwickelte sich gerade aus der allmählich durchdringenden An
schauung, dafs peinliche Strafe nur für böswillige Übeltat ge
bühre, Ersatzleistung aber auch aus ungewollter Übeltat geschuldet
werde?. Ein Verschulden des Täters setzte die Haftung aus Un
gefährwerk grundsätzlich nicht voraus
Mit der Rezeption gelangte im gemeinen Recht der römische
Grundsatz zur Herrschaft, dafs die Verantwortlichkeit für wider
solche fällt nicht unter den Begriff der unerlaubten Handlung, kann aber zu
gleich eine unerlaubte Handlung enthalten und dann einen konkurrierenden
Deliktsanspruch begründen; R.Ger. LXXV Nr. 61, LXXXV Nr. 71.
1 Vgl. Wilda, Strafrecht S. 552 ff. Hepp, Die Zurechnung auf dem
Gebiete des Zivilrechtes, 1838, S. 121 ff. A. B. Schmidt, Die Grundsätze
über den Schadensersatz in den Volksrechten (oben § 176 S. 73 Anm. 43),
S. 31 ff. Hammer, Die Lehre vom Schadensersatz nach dem Sachsensp. u.
den verwandten Rechtsquellen (oben § 176 S. 73 Anm. 43.), S. 2 ff., 40 ff.
Heusler, Inst. II 262 ff. Stobbe-Lehmann § 259, 3. Hübner, Grundz.
§ 89 1 1. v. Schwerin, R.G. 2 S. 122. Müller-Erzbach, Gefährdungs
haftung und Gefahrtragung, 1912, S. 225 ff. (der aber zu unrecht dem deut. R.
das Verursachungsprinzip abspricht und dafür das Gefährdungsprinzip imputiert).
Über nord. R. v. Amira I § 55 II, § 56, II § 44 u. 45.
2 Ed. Roth. 387: Si quis hominem liberum, casum facientem, nolendo
occiderit, componat eum sicut adpretiatus fuerit, et faida non requiratur, eo
quod nolendo fecit. Sachsensp. II 38: Die man sal gelden den scaden, die
von siner warlose gesciet anderen luden, it si von brande oder von bornen,
den he nicht beweret enes knies ho boven der erde, oder of he schüt oder
wirpt enen man oder en ve, als he ramet enes vogeles. Hir umme verdelt
man ime nicht sin lif noch sin gesunt, of die man joch wol stirft; wende he
mut ine gelden alse sin weregelt stat.
3 Die Haftung war reine Erfolgshaftung und trat daher auch ein, wenn
Fahrlässigkeit im heutigen Sinne nicht vorlag. Manche Quellen schliefsen aus
drücklich, viele erkennbar den Zufallserfolg ein. Wenn andere die absichtslose
Schädigung als eine solche von warlose, verwarlosung, versäumnisz oder ähnlich be
zeichnen, so charakterisieren sie damit nur den typischen objektiven Tatbestand
und den Gegensatz zur gewollten Schädigung, ohne einen technischen Begriff
von „Fahrlässigkeit“ zugrunde zu legen. Vgl. den eingehenden Nachweis b.
Hammer S. 6 ff. — Über Fälle des Ausschlusses der Ersatzverbindlichkeit
ebd. S. 72 ff., Müller-Erzbach S. 249 ff.