Full text: Deutsches Privatrecht (3)

§ 211. Begriff und Umfang. 
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ein konkret ausgestaltetes besonderes Recht, das unter § 823 
fällt, so ist eben nach positiver Gesetzesvorschrift die Verletzung 
der allgemeinen Privatrechtssphäre nur dann unerlaubte Hand 
lung, wenn sie durch eine derartige spezielle Rechtsnorm ver 
boten ist56 
4. Sittenverletzung. Darüber hinaus ist nach § 826 aus 
unerlaubter Handlung zum Schadensersatz verpflichtet, wer in einer 
gegen die guten Sitten verstofsenden Weise einem Anderen vor 
sätzlich Schaden zufügt 57 
Diese Bestimmung soll die Lücken 
des durch § 823 gewährten Privatrechtsschutzes ausfüllen, mit 
hin im wesentlichen die subsidiäre Funktion der gemeinrechtlichen 
actio doli übernehmen. Sie hat in der Praxis eine grosse und stets 
wachsende Bedeutung gewonnen58 
56 Natürlich fallen die meisten durch Abs. 1 als unerlaubt gekennzeich 
neten Handlungen zugleich unter Abs. 2. Dann ist es verfehlt, die ergänzende 
Vorschrift des Abs. 2 heranzuziehen. Warum ruft z. B. R.Ger. LI Nr. 42 den 
§ 909 B.G.B. als Schutzgesetz an, während er doch ein ganz konkretes Nachbar 
recht gewährt? 
57 Gleiches bestimmt das neue Schweiz. O.R. a. 412. 
58 Vgl. v. Liszt,S. 42 ff.; Stammler, Richtiges Recht S. 474 ff.; Oert 
mann, D.J.Z. VIII 325 ff., XVI 435 ff., Komm. zu § 826; Planck, D.J.Z. XII 
190 ff., Komm. zu § 826; Kohler, Arch. f. b. R. XXIX 140 ff.; Dirk, ebd 
XXXIII 74 ff.; H. A. Fischer, Rechtswidrigkeit S. 70 ff.; Hedemann, Jahrb. 
f. D. LXIII 1ff.; Dernburg § 393; Crome § 330; Enneccerus § 453 
Staudinger zu § 826. Zusammenstellung v. Entsch. b. Oertmann, Stau 
dinger Komm. d. R.G.R. zu § 826, Fischer-Henle zu § 826, Hedemann 
a. a. O. S. 30 ff., Raape b. Dernburg4 Anm. 10.— Die umfassendste und wich 
tigste Anwendung von § 826 macht die Praxis in den wirtschaftlichen Kämpfen 
der Gegenwart, insbesondere zwischen Unternehmern und Arbeitern, behufs 
Feststellung der Grenzen, bei deren Überschreitung Kampfmassregeln, wie Ver 
rufserklärungen und Boykotts, Arbeitsaussperrungen und „schwärze Listen 
unerlaubt sind; vgl. Brückmann, Jur. W.Schr. 1902 S. 626 ff., Meyer im 
Recht 1904 S. 357 ff., Lobe, D.J.Z. XIII 934 ff., Oertmann, Bl. f. Rechtsanw. 
LXXII 217 ff., Arch. f. b. R. XXXIII 221 ff., XXXIV 216 ff., K. Pinczower 
Das Verhältnis des § 826 B.G.B. zum Boykott, 1911, Verh. des 28. D.J.T. II 
34 ff., des 29. D.J.T. IV 185 ff., 246 ff., V 173 ff., 777 ff.; hinsichtlich des Boykotts 
bes. R.Ger. LXVI Nr. 91, LXXVI Nr. 10. Ferner bei Mifsbrauch der Kartell- 
macht; R.Ger. LXXXV Nr. 33 (Lieferungssperre). — Eine erhebliche Rolle 
spielt ferner die Anwendung des § 826 in Fällen unsittlicher Ausnützung der 
formalen Rechtskraft; vgl. bes. R.Ger. LXI Nr. 87 u. LXXVIII Nr. 89 mit den 
dort angef. älteren Entsch.; dazu Rumpf, Jahrb. f. D. XLIX 403 ff., Dern 
burg, D.J.Z. X 465, Hoeniger, ebd. S. 1005 ff., Oertmann zu § 826 Bem. 4g 
Hedemann a. a. O. S. 46; durchaus ablehnend Hellwig, Klagrecht u. Klag 
möglichkeit S. 78, Pagenstecher, Rechtskraft S. 396 ff., Wurzer, Jahrb. 
f. D. LXV 335 f. — Über Anwendbarkeit auf wissentlich falsche Auskunft 
Binding, Handbuch. II. 3. III: Gierke, Deutsches Privatrecht. III.
	        
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